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Potsdam-Mittelmark: Etwas abheben am Schwielowsee

Die Air Service Berlin verteidigt ihre geplante Wasserflugstation in Petzow. In Treptow startet man unter viel beengteren Verhältnissen

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Die Air Service Berlin verteidigt ihre geplante Wasserflugstation in Petzow. In Treptow startet man unter viel beengteren Verhältnissen Von Henry Klix Werder/ Berlin. Die Seen, die die Spree bildet, sind im Vergleich zu den Havelseen nur bessere Tümpel. Das Umfeld der Wasserflugstation Treptow am Rummelsburger See wirkt entsprechend beengt: Abteibrücke, Insel der Jugend, der Treptower Hafen ist nicht weit entfernt. Und selbst am Donnerstagvormittag gibt es einen regen Ausflugsverkehr auf dem Wasser. Hier, am Rande des Plänterwalds, hat die Air Service Berlin GmbH, Deutschlands größtes touristisches Rundflugunternehmen, eine Dependance. Der knallrote Wasserflieger ist nur eines von vielen Standbeinen: Ob Rosinenbomber, Heißluftballon oder Helicopter, Fallschirmsprünge oder der Sat1-„Hi-Fligher“-Ballon am Potsdamer Platz – die Luftfahrtfirma hat darüber hinaus einiges vorzuweisen. Acht Rundflüge über die Hauptstadt starten täglich von Treptow aus in der Flugsaison mit „Duck 01“, einem von zwei Wasserflugzeugen, die es in Deutschland gibt. Ein neues Angebot soll ab Ende Mai hinzu kommen: Von Mittwoch bis Sonntag soll die Cessna Seaplane 206 einmal täglich vor dem Schlosshafen am Bauplatz des Ferienresort Schwielowsee landen. Etwa 20 Minuten Hinflug, Menü im Restaurant Ernest und Rückflug sollen 164 Euro pro Person kosten. Hochzeitspaare, Jubilare oder auch Prominente werden nach den bisherigen Erfahrungen des Unternehmens zu den Gästen zählen. Zwischen 12 und 15 Uhr, wenn die bis zu vier Passagiere essen und sich amüsieren, sollen drei bis vier halbstündige Rundflüge von Petzow aus angeboten werden. Zu besonderen Festen und Ereignissen will man am Schwielowsee ebenfalls präsent sein und einen Farbtupfer bilden. Dass sich dort Widerstände regen, kann Air-Service-Geschäftsführer Frank Hellberg, auch bekannt als RTL-Staureporter „Commander Frank“, nicht verstehen. Sein Eindruck: „Da wird über Dinge geredet und keiner weiß, worum es geht.“ Hellberg betreibt Aufklärungsarbeit: Ein Wasserflugzeug bewege sich wie ein Motorboot auf dem Wasser, nur in den schmalen Start- und Landefenstern gebe es Unterschiede. Beim Start beschleunigt das Boot auf 100 Kilometer pro Stunde, bevor es nach einer 300 Meter langen Anfahrt abhebt. Nach weiteren 200 Meter ist der Vogel oben. „Für etwa 10 Sekunden, die der Propeller auf 2200 Umdrehungen hoch tourt, kann es dabei etwas lauter werden“, bestätigt Hellbergs Flugbetriebsleiter Gerd Gebhardt. Aber mit den dann erreichten 75 bis 80 Dezibel – das wäre etwa so laut wie heftiges Schreibmaschinengeklapper – würde man selbst Grenzwerte mitten in Siedlungsgebieten einhalten können. Beim Landeanflug, wenn sich das Triebwerk fast im Leerlauf befinde, sei der Geräuschpegel wieder vergleichbar mit einem Motorboot. Auch in der Platzfrage in Petzow sehen Hellberg und Gebhardt, die in Treptow sieben Jahre Wasser-Erfahrung sammeln konnten, kein Problem. „Wir müssen nicht den halben Schwielowsee absperren, wir müssen überhaupt nichts absperren“, betont Hellberg. Man könne von jedem beliebigen Platz aus starten oder landen und von dort aus auf dem Wasser zur Marina fahren. Selbst unter den beengten Berliner Verhältnissen könne man sich mit den anderen Wassernutzern – von Schlauchboot, Ausflugsdampfer über Kohleschlepper – einigen. „Und das auf einer manchmal nur 70 Meter breiten Spree“, wie Hellberg betont. Unfälle oder Konflikte gab es nie, „nur Menschenaufläufe auf der Abteibrücke, wenn wir abheben.“ Start und Landung seien für die Piloten in Treptow nicht schwieriger als ein Überholmanöver auf der Autobahn. „Auf dem Schwielowsee ist das noch einfacher“, beteuert der Geschäftsführer. Nicht nur auf der Spree, auch auf dem Landeplatz auf der Warnow zwischen Rostock und Warnemünde habe man gute Erfahrungen mit der schwimmenden Cessna gemacht. Bei der Müritz–Sail verträgt man sich mit 300 Segelbooten. Und auch bei zahlreichen anderen Hafen- und Volksfesten am Wasser, zu denen man eine Attraktion bilde, finde sich „Duck 01“ im Getümmel zurecht. Hellberg würde sich wünschen, dass sich die Uferanrainer vom Schwielowsee mit ihren touristischen Konzepten im wahrsten Sinne „etwas abheben“ würden. „Sanften Tourismus gibt es überall in der Peripherie von Brandenburg. Manchmal ist soviel Ruhe, dass die Leute keine Arbeit haben“, so der gebürtige Wittstocker. Die Petzower Wasserflugstation wäre eine Chance für die Region. „Zeitungen und Fernsehen berichten über uns, das sind alles Gelegenheiten, eine Reiseregion darzustellen.“ Das Wasser- und Schifffahrtsamt hat dem Vorhaben schon zugestimmt, die Luftfahrtbehörde bindet ihr Einverständnis an das der kommunalen Behörden. Nächsten Mittwoch wird es deshalb vor Ort eine Ämterrunde geben. Gegen starke Widerstände werde der Landeplatz nicht durchgesetzt, so Hellberg. Aber noch darf er auf Verständnis hoffen. Gerade die Stadt Werder ist gefragt. Bei der jüngsten Bauausschusssitzung überwog das Pro, sagt Bürgermeister Werner Große. Die kritischen Vertreter der Nachbargemeinde Schwielowsee möchte man indes einbezogen wissen, auch wenn sie in das Genehmigungsverfahren ansich nicht involviert sind. „Und bevor wir das letzte Wort sprechen, wollen wir alle mal eine Probelandung sehen“, sagt Große. Für Hellberg kein Hindernis: „Wenn wir zu einem ordentlichen Havelzander eingeladen werden, kommen wir gerne.“

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