Potsdam-Mittelmark: Ex-Mitarbeiter einigen sich außergerichtlich mit O2
Ehemalige Teltower Callcenter-Agenten kämpften um ihre Jobs – und bekommen eine kleine Abfindung
Stand:
Teltow - Immerhin, ihr Bruttogehalt bekommen die ehemaligen Mitarbeiter des O2-Callcenters jetzt für drei bis sechs Monate nachgezahlt – im Rahmen ihrer Kündigungsfrist. Außerdem bekommen sie Abfindungen bis zu 2500 Euro. Das ist der Inhalt eines Sozialplans, der jetzt auf Druck des Potsdamer Arbeitsgerichts zustande gekommen ist. Vor Gericht hatte ein Großteil der 120 Kläger zwar kein Urteil gegen ihren früheren Arbeitgeber erringen können. Die Richter drängten aber auf einen Sozialplan.
Hintergrund: Vor knapp einem Jahr hatte O2 sein Teltower Callcenter an Arvato verkauft, die Angestellten sollten zum neuen Arbeitgeber wechseln. Doch 171 von insgesamt 190 Mitarbeitern widersetzten sich der Übernahme, nachdem Arvato angekündigt hatte, die O2-Gehälter nur bis Ende des Jahres weiterzuzahlen. Anschließend würden sie „angepasst“. Niemand müsse jedoch fürchten, weniger als 50 Prozent seines bisherigen Gehalts zu bekommen, wie es etwas zynisch hieß. „Das war den meisten von uns zu wenig“, so Mirko Fandré, einer der Kläger gegen O2.
Die widerspenstigen Mitarbeiter wurden im Februar vom Dienst freigestellt, die Löhne zahlte O2 vorerst weiter. Ende Juni bot der Konzern den Angestellten dann an, zum Callcenter-Standort Hamburg zu wechseln – zum 1. August. Mit demselben Schreiben stellte O2 klar, dass alle, die das ablehnen, gekündigt würden. Nach dieser „Änderungskündigung“ hatte der Telefonanbieter alle Zahlungen an die Mitglieder der Teltower Belegschaft eingestellt, auch Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge wurden trotz drei- bis sechsmonatiger Kündigungsfrist nicht mehr bezahlt.
„Die Änderungskündigung war für uns nicht akzeptabel“, sagt Fandré, der kleine Kinder und eine berufstätige Frau hat. Strittig ist bis heute, ob die Versetzung an einen über 200 Kilometer entfernten Standort mit einer Klausel im Vertrag legitimiert war. „Dazu gab es keine Entscheidung“, sagt Hilde Fuhrmann, Sprecherin des Potsdamer Arbeitsgerichts.
Wie viele seiner Mitstreiter hat sich Mirko Fandré mittlerweile außergerichtlich mit dem Telefonkonzern geeinigt. Teil des Sozialplans ist auch eine Abfindung, die sich nach den Jahren der Betriebszugehörigkeit richtet.
Noch zu Beginn der Verhandlungen vor dem Potsdamer Arbeitsgericht im Herbst hatten Fandré und seine Mitstreiter ein akutes finanzielles Problem: Die Mitarbeiter mussten sich arbeitslos melden. In der Region selbst und auch in Berlin betreibt O2 nun keine Callcenter mehr, Hamburg ist damit die nächstgelegene Option. „Was hätten wir denn mit 170 Mitarbeitern im luftleeren Raum anstellen sollen?“, fragte O2-Anwalt Martin Trienel während einer der Verhandlungen.
Dass sich fast die komplette Belegschaft geweigert hatte, zu Arvato zu wechseln, hätte sie zunächst irritiert, gesteht Gerichtssprecherin Fuhrmann. „So etwas habe ich bislang nicht erlebt, im Laufe des Prozess konnte ich es aber mehr und mehr nachvollziehen.“ Dazu kommt: Arvato will nicht sagen, wie lange man den Standort halten will.
Das brandenburgische Wirtschaftsministerium hatte den Teltower O2-Standort seit 1999 mit über 15 Millionen Euro gefördert. Die „Bindungsfrist“ endete zum Jahreswechsel. Ariane Lemme
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: