Potsdam-Mittelmark: Expansion in Krisenzeiten
Logistikunternehmen LGI nutzt Standort Werder jetzt als Drehscheibe für Heiztechnik in Ostdeutschland
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Von Thomas Lähns
Werder (Havel) - Es hat etwas von einem Bienenstock: Geschäftig surren Gabelstapler und elektronische Hubwagen durch die Lagerhalle, holen hier eine Palette aus dem Regal, stellen sie dort wieder ab. Zwischen ihnen laufen Lagerarbeiter, manche tragen meterlange Rohre auf den Schultern. Waren werden zu Lieferungen zusammengestellt, verpackt und von hier aus an die Umschlagpunkte in Dresden, Magdeburg, Erfurt und Neubrandenburg oder direkt zum Abnehmer geschickt. Seit kurzem ist der Magna-Park am Autobahnanschluss Werder / Groß Kreutz die Drehscheibe für Heiztechnik-Produkte der Firma Buderus in den neuen Bundesländern. Betreiber der gut 1,2 Hektar großen Halle und verantwortlich für die logistischen Abläufe ist die Firma Logistics Group International (LGI), die hier ihren „Standort Berlin“ eröffnet hat. Gestern lud das Unternehmen zu einem Blick hinter die Kulissen ein.
Allein in den vergangenen 15 Monaten habe seine Firma acht neue Niederlassungen eröffnet, berichtet Executive Director Eckhard Busch während eines Rundganges, allein sechs davon als Vertragspartner der Bosch-Tochter Buderus. Seit der Firmengründung 1995 habe das Unternehmen mit Stammsitz im württembergischen Böblingen einen rasanten Aufstieg erlebt, beschäftige mittlerweile zirka 3000 Mitarbeiter an 34 Standorten europaweit. Der Jahresumsatz liegt laut Firmen-Angaben bei über 160 Millionen Euro, die Wachstumsrate konstant bei 20 Prozent. Vor der momentanen Wirtschaftskrise sei LGI nicht bange, so Busch, im Gegenteil: „In schwierigen Zeiten müssen sich Unternehmen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.“ Alles andere, wie zum Beispiel Lagerung und Lieferung, würde dann eher an Dritte abgegeben.
Davon profitiert jetzt auch die Stadt Werder: 50 Vollzeitstellen hat LGI im Magna-Park geschaffen, der Mitarbeiterstamm soll noch auf 75 anwachsen. Der überwiegende Teil der Fachlageristen und Fachkräfte für Lagerlogistik ist neu eingestellt worden und kommt aus der Region. Dabei war es einem Zufall zu verdanken, dass sich LGI hier niedergelassen hat: „Ursprünglich wollten wir nach Ludwigsfelde, aber dort drohte dem Vermieter die Insolvenz“, erinnert sich Busch. Eine schnelle Lösung musste her, und die hätten die Werderaner Stadtverwaltung und die Betreiberfirma des Magna-Parks, Gazeley, anbieten können, lobt Busch.
Zwischen Regalen und Laderampen entdeckt Werders Bürgermeister Werner Große (CDU) auch gleich Parallelen zwischen seiner Stadt und LGI: Auch Werder wachse rasant und auch die Blütenstadt könne eine gute Portion Innovationsfähigkeit vorweisen. Als Beispiel nannte Große den Flugpionier Otto Lilienthal, der sich unweit von hier in Derwitz 1891 erstmals über eine Strecke von 25 Meter in die Lüfte erhob.
Während LGI an anderen Standorten für die Automobil- und Gesundheitsbranche oder Industriebetriebe lagert, dreht sich in Werder im Moment noch alles um Heiztechnik: Auf über 11 000 Palettenplätzen wird alles vom Heizkörper über Dämmmaterial bis zum Thermostat gelagert. In der Regel noch am Tag der Bestellung werden die Waren rausgeschickt. Eine Speditionsfirma liefert dann zum Firmensitz oder direkt auf die Baustelle, „wegen der Diebstahlgefahr wird auf dem Bau selbst kaum noch etwas gelagert“, sagt Niederlassungsleiter Michael Bretschneider. Seine Mitarbeiter müssen also schnell reagieren können und auch in Sachen Arbeitszeit flexibel sein. 50 Prozent der Aufträge würden erst nach 15 Uhr eingehen, viele LGI-Mitarbeiter seien durchgängig in der Spätschicht. Der überwiegende Teil der Belegschaft ist männlich. „Weil die körperliche Anstrengung so groß ist“, erläutert LGI-Regionalchef Sascha Tilli, denn längst nicht alles passt auf eine Palette und kann per Stapler transportiert werden. Der Job des Lageristen ist Schwerstarbeit – aber zumindest krisenfest.
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