Potsdam-Mittelmark: Experimentierfreude auf dem Wachtelberg
Interessante Tropfen beim Werderaner Winzerfest
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Werder (Havel) - Einst gab es nur den Weißwein Müller-Thurgau vom Werderaner Wachtelberg. Heute reicht das Sortiment schon für eine ausgedehnte Weinprobe, und jährlich präsentiert der experimentierfreudige Winzer Manfred Lindicke weitere Neuigkeiten. „Was ist möglich im nördlichsten Qualitätsweinanbaugebiet Europas auch angesichts einer Klimaerwärmung?“ Diese Frage wurde am Wochenende beim 7. Werderaner Winzerfest auf dem Wachtelberg von Weinexperten, Majestäten und zahlreichen Besuchern diskutiert. Und Lindicke hatte auch gleich wieder ein praktisches Beispiel parat.
Der bekannte Rotwein Cabernet ist eine Sorte, die in unseren Breitengraden nicht reifen würde. Ermöglicht wird dies jetzt durch eine Kreuzung mit dem robusten Dornfelder. Cabernet Dorsa, Dorio und Cubin heißen die neuen Rotweinsorten, die jetzt auch auf dem Wachtelberg getestet werden. „Sie sind gut angewachsen. Die ersten 20 Stöcke von der Weinbauschule Weinsberg in Baden-Württemberg waren von sehr guter Qualität“, berichtete Lindicke. Bei dem trockenen Sandboden sei jedoch eine Tröpfchenbewässerung notwendig gewesen. Einer der Züchter der neuen Sorten, Roland Hetzel, erzählte, dass die Zucht aus Cabernet und Dornfelder bis zur Schutzstellung 30 Jahre gedauert hat. „Diese Zeit ist aber normal für ein solches Vorhaben“, erklärte er.
Rund 100 Weinsorten aus verschiedensten Anbaugebieten Deutschlands und erstmals auch aus Polen wurden diesmal auf dem Werderaner Winzerfest angeboten. Viel Anerkennung gab es dabei von den Winzerkollegen für die Werderaner Tropfen. „Die Weine sind sauber ausgebaut, und die Anlage mit den gesunden Trauben zeugt von der großen Mühe des Winzers, sich an verschiedene Rebsorten heranzuwagen“, sagte Sigrid Fridrichs vom gleichnamigen Weingut an der Mosel.
„Die Wachtelberg-Weine haben alle ihren eigenen Charakter“, urteilte Axel Dahlem vom Weingut aus Oppenheim, der Partnerstadt von Werder. Die Qualität habe sich von Jahr zu Jahr gesteigert. „1991 habe ich den ersten Wein aus dem Havelland gekostet nur aus Freundschaft zur Partnerstadt“, so der Weinfachmann diplomatisch. Heute würden die Wachtelberger Tropfen jedoch ein gutes Niveau erreichen und sollten wegen ihrer Exklusivität auch ein gutes Absatzgebiet vor der Haustür haben.
Aktuell gedeihen hoch über der Blütenstadt immerhin sechs Sorten für die Qualitätswein-Herstellung, darüber hinaus jeweils weitere 40 Sorten am Rot- und am Weißweinlehrpfad. Hier beobachtet Obstbauexperte Lindicke genau, wie sich verschiedene Sorten auf dem Wachtelberg entwickeln und inwieweit sie sich für einen großflächigen Anbau eignen würden. In diesem Jahr wurden zudem erstmals auch 20 Sorten Tafeltrauben angebaut.
„Die Vorwärtsentwicklung ist auf Schritt und Tritt zu sehen“, freute sich Jochen Schumann, der Vorsitzende des Vereins zur Förderung des historischen Weinbaus im Raum Werder (Havel). Er war 1985 selbst dabei gewesen, als die Gärtnerische Produktionsgenossenschaft damit begann auf dem Wachtelberg 4,8 Hektar Müller-Thurgau aufzureben. Damit sei es gelungen, die jahrhundertealte Tradition des Weinbaus an dieser Stelle wieder aufleben zu lassen. Viel hat sich seitdem verändert. Das Areal für den Weinanbau umfasst mittlerweile 6,2 Hektar, und seit der Eröffnung einer Straußwirtschaft im Jahr 2002 ist der Wachtelberg auch zu einem beliebten Ausflugsziel geworden. Wolfgang Post
weitere Infos im Internet unter
www.wachtelberg.de
Wolfgang Post
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