Aus dem GERICHTSSAAL: Falsche Rezepte
Teltower soll sich in Apotheken Betäubungsmittel erschlichen haben
Stand:
Teltow – Benjamin B. (21, Name geändert) wirkt in weißem Hemd, schwarzer Hose und akkurat frisiert wie der Klassenprimus. Zuvorkommend antwortet der Teltower auf alle Fragen der Jugendrichterin. Er sei zur Zeit in Rostock bei der Bundeswehr, wolle gern Berufssoldat werden. Zunächst müsse er jedoch sein Verfahren abwarten.
Der Prozess gegen Benjamin B. wegen versuchten und vollendeten Betruges, Urkundenfälschung sowie Widerstandes gegen Polizeibeamte sollte bereits im Januar stattfinden. Doch damals harrte das Gericht vergeblich auf das Erscheinen des jungen Mannes. Der saß gerade auf gepackten Koffern, freute sich auf seinen ersten Auslandseinsatz. Ein Anruf der Richterin bei seinem Vorgesetzten ließ die Träume von Benjamin dann allerdings platzen. „Ich durfte nicht mitfliegen, musste statt dessen in der Kaserne Fenster putzen und Fußböden wischen.“
Zum neuen Verhandlungstermin kommt der Angeklagte pünktlich. In wohlgesetzten Worten schildert Benjamin, wie er 2005 – damals noch bei seinem Vater in Teltow wohnend – einem Disko-Kumpel einen Gefallen tun wollte. „Der fragte mich, ob ich ein Rezept für ihn einlösen könne.“ Obwohl er gesehen habe, dass der Bekannte diverse Rezeptvordrucke auf seinem Computer ausfüllte, habe er sich nichts Schlimmes dabei gedacht „Ich habe auch keinen Verdacht geschöpft, dass ich das Rezept für ein starkes Schmerzmittel nicht in einer Teltower Apotheke vorlegen sollte, sondern in Oranienburg.“ Dort klickten dann am 19. Oktober die Handschellen.
Vehement wehrte sich Benjamin gegen die überraschende Festnahme, brach bei dem Gerangel einem Ordnungshüter die Hand. Der Staatsanwalt geht davon aus, dass der Teltower sich insgesamt elf Mal Betäubungsmittel auf diese Weise verschafft hat. Der Angeklagte beteuert, der Oranienburger Coup sei der erste und einzige gewesen. „Dass meine Fingerabdrücke auf verschiedenen anderen Vordrucken waren, ist nicht verwunderlich. Ich habe die Dinger in der Wohnung meines Kumpels in der Hand gehabt“, kontert er. Der 21-Jährige ist u.a. wegen unerlaubten Drogenerwerbs in zehn Fällen vorbelastet.
Und er entkräftet auch den zweiten Vorwurf. Laut Staatsanwaltschaft sollen bisher unbekannte Täter im August 2005 in Berlin mehrere Briefkästen von Kreditinstituten aufgebrochen, Überweisungsträger entwendet, die erbeuteten Daten für ihre Zwecke genutzt haben. Auf dem Konto des Teltowers, das bis dahin lediglich ein Guthaben von 4,40 Euro aufwies, sollen in dieser Zeit rund 9600 Euro eingegangen sein. „Ich kann mir nicht erklären, wie das Geld auf mein Konto gekommen ist. Ich habe es auch nicht abgehoben“, beteuert der Angeklagte, wird allerdings durch die Aussage eines Bankkaufmanns überführt.
Der kontrollierte nicht nur die Unterschriften auf der ec-Karte und dem Personalausweis des Bankkunden, der die Tausender wollte, er schaute sich auch dessen Gesicht genau an. „Da passte alles“, ist sich der Zeuge sicher.
Trotz allem kommt Benjamin mit einem blauen Auge davon. Er wird nach Jugendrecht verwarnt, muss 2000 Euro Geldbuße zahlen. Die geprellte Bank holt sich das Geld inzwischen ratenweise von ihm zurück. Hog
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: