Potsdam-Mittelmark: Feier trotz mäßiger Ernte
Polnische Saisonkräfte sind beim Beelitzer Spargelfest erstmals im Festumzug dabei
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Beelitz - Grün, gelb und schwarz sind die Farben der Felder rings um Beelitz. Grün wiegen sich die Getreidehalme im Wind, gelb der Raps und schwarz glänzen die Folien der Spargelfelder, die den aufgeschichteten Sand gegen Wind und das Edelgemüse gegen Kälte schützen.
Die lang gezogenen Erdwälle mit präzisen Scheiteln und im exakten Winkel abfallende Kanten erinnern an ein Kunstwerk des Verpackungskünstlers Christo. Vom 38 Meter hohen Turm der Beelitzer Sankt Marienkirche sieht es dagegen aus, als sei die Stadt von Seen umgeben. Spargel, das suggeriert schon die Optik des Anbaues, ist etwas Besonderes. „Königliches Gemüse“, „essbares Elfenbein“ und „Frühlingsluft in Stangen“, loben Feinschmecker das edle Gemüse. Und so pilgern jedes Jahr Tausende zum Spargelfest nach Beelitz. Auch am Pfingswochenende kamen wieder viele trotz kühlen Wetters in die märkische Kleinstadt, in der bereits seit 1861 das Stangengemüse angebaut wird. Auf vergilbten Fotos jener Zeit knien Frauen in den Ackerfurchen und stechen Spargel, auf ihren Köpfen tragen sie Strohhüte. Beim Spargeltanz auf der Bühne trugen die Frauen des Beelitzer Karnevalvereins dunkelblaue Röcke, weißen Spitzenblusen und -schürzen und auf ihren Köpfen blitzten weiße Hauben, genannt Hegeländer. Diese Kostüme sind der Arbeitskleidung der Spargelstecherinnen Anfang des 20.Jahrhunderts nachempfunden. Schon damals kamen auch polnische Saisonkräfte zur Beelitzer Spargelernte, die „schlesischen Madel“ galten als besonders fleißig.
Daran hat sich bis heute nichts geändert, nur dass an ihrer Seite nun auch polnische Männer in blauen Latzhosen, Gummistiefeln und Baseballmützen den Spargel stechen. In diesem Jahr waren polnische Erntehelfer erstmals beim Festumzug dabei. Mit Kelle, Stecheisen und kleinen Handwagen zogen acht von ihnen durch die Berliner Straße mit. Gefolgt von einem Traktor mit Planwagen, aus dem polnische Volkslieder klangen. „Wird endlich Zeit, dass auch die Polen mitfeiern dürfen“, meinte eine Frau aus Neuseddin, die jedes Jahr zum Spargelfest kommt und sich erinnerte, dass im vergangen Jahr Festumzug und Publikum im Regen standen. In diesem Jahr zeigte sich die Sonne zumindest am Sonntag.
Trommelwirbel und Querflöten der Spielmannszüge hallten ab 14 Uhr durch die Altstadt, durch die Schützen- und Sportvereine sowie geschmückte Wagen der verschiedenen Spargelhöfe zogen. Dazwischen mischte sich laut schallend das Martinshorn der Feuerwehr, die im September 110-jähriges Jubiläum feiert und ihren alten Spritzenwagen schon mal auf Festglanz poliert hatte. Höhepunkt war schon rein optisch die 2,80 Meter hohe Spargelpyramide, begleitet von der diesjährigen Spargelkönigin Christine Eiserberg. Nach dem Umzug wurde die Pyramide, bestehend aus vielen Spargelbunden, sogleich verkauft: Anderthalb Kilo zu 5 Euro. Der Erlös ist für den Mühlenverein, der die Bockwindmühle an der Trebbiner Straße rekonstruiert, erklärte Jürgen Hoffmann von der Erzeugerorganisation Beelitzer Spargel GmbH.
Die Spargelsaison war aufgrund der kühlen Witterung bisher nicht gerade berauschend, berichtete er, denn weniger als die Hälfte der geplanten Menge sei geerntet worden. „Aber ab Mittwoch steigen unsere Erwartungen mit den Temperaturen nach oben“, hofft er noch auf die nächsten drei Wochen.
Dass sie für das Edelgemüse gerüstet sind, bewiesen derweil fünf Spargelschäler bei einem Wettbewerb auf der Bühne. In anderthalb Minuten wirbelte Ingrid Bernau am schnellsten die Spargelschalen von den Stangen (460 Gramm), gefolgt von der SPD-Landtagsabgeordneten Susanne Melior (400 Gramm). Der einzige männliche Teilnehmer, Karl-Heinz Hocke, schaffte bescheidene 290 Gramm, die nach Meinung von Bürgermeister Thomas Wardin „dafür besonders ordentlich geschält“ waren. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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