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Potsdam-Mittelmark: Ferch hofft aus Rettung aus Berlin

Berliner Wasserbetriebe sehen die Möglichkeit, Potsdam mit zusätzlichem Trinkwasser zu versorgen

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Schwielowsee - Zäsur im Brunnenstreit in Ferch: Die Stadt Potsdam könnte ihren wachsenden Trinkwasserbedarf womöglich mithilfe der Berliner Wasserbetriebe decken. Damit wäre das umstrittene Trinkwasserschutzgebiet in Ferch-Mittelbusch überflüssig. Der Sprecher der Berliner Wasserbetriebe, Stephan Natz, bestätigte gestern auf PNN-Anfrage, dass der aus Potsdam angemeldete Zusatzbedarf von täglich 3000 Kubikmetern Trinkwasser „locker mit dem Wasserwerk in Stolpe“ (Oberhavel) gedeckt werden könnte.

Natz erinnerte daran, dass Potsdam schon vor der Wende zum Teil sein Wasser aus Stolpe, nördlich von Berlin, bezogen habe. „Inzwischen müsste man sich mal anschauen, wie die Leitungen aussehen.“ 150 000 Kubikmeter könnten in Stolpe theoretisch gefördert werden, die Kapazität werde bei Weitem nicht ausgeschöpft. „Die 3000 Kubikmeter mehr sind im Bereich der Schwankungsbreite.“

Der Berliner Wasserbedarf habe sich seit der Wende halbiert, sieben Wasserwerke, die für Berlin gefördert haben, seien stillgelegt worden. „Alle unsere Wasserwerke sind weit weg von der Kapazitätsgrenze.“ Natz bestätigte damit Recherchen von Fercher Bürgern, die am Mittwochabend bei einer Anhörung vorgetragen wurden.

Die Bürger hatten moniert, dass keine Alternativen für die Ausweisung eines zweiten, 700 Hektar großen Trinkwasserschutzgebietes in ihrem Dorf geprüft worden seien. „Aus Stolpe wäre das Wasser sogar noch billiger“, zitierte eine Bürgerin aus einem Telefongespräch mit den Berliner Wasserbetrieben. Ferch hat bereits ein Wasserwerk an der Dorfstelle.

Die Fördermenge soll nun mit zehn neuen Brunnen in Mittelbusch von 2000 auf 5000 Kubikmeter täglich wachsen, was für den Ort mit erheblichen Einschränkungen verbunden ist. Neue Baugebiete, Geothermie, neue Obstplantagen, Hausbrunnen, Tierzucht und Industrie wären nicht mehr möglich. Zudem fürchtet man einen sinkenden Grundwasserspiegel und ein Austrocknen der für die Landschaft charakteristischen Feuchtgebiete.

Neben den Bewohnern der Ortsteile Mittelbach und Kammerode wäre von den Plänen auch der gewerbliche Obstbau auf dem Kammeroder Obstplan betroffen. Ein Bodenneuordnungsverfahren für die zerstückelten Anbauflächen wurde nach 20 Jahren gerade erst abgeschlossen, Bauern wie Heiko Wels oder Andreas Berger verbinden große Hoffnungen mit der Lage, von der 70 Hektar verloren gehen würden (PNN berichteten).

Potsdam will mit dem zusätzlichen Wasser seinen steigenden Bedarf decken, in den anderen Wasserwerken gebe es dafür keine Kapazitäten, sagte der Wassermanager der Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP), Karsten Zühlke. Allerdings musste er bei der Anhörung einräumen, eine Wasserversorgung mit Berliner Unterstützung nicht geprüft zu haben. „Wir haben kein Angebot der Berliner Wasserbetriebe bekommen“, so Zühlke unter Protestrufen der etwa 50 Bürger, die an der Anhörung im Rathaussaal teilgenommen hatten.

Der EWP-Mann zählte für eine Versorgung aus Stolpe mehrere Hindernisse auf: So funktioniere das alte Leitungssystem nicht mehr und mit der Durchleitung würden zusätzliche Kosten entstehen. „Unser Anspruch ist es doch, die Wasserversorgung für Potsdam ortsnah und aus den eigenen Wasserwerken zu sichern.“

Vonseiten des brandenburgischen Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, das für die Ausweisung von großen Wasserschutzzonen zuständig ist, hieß es, dass die EWP den Bedarf und die zusätzliche Förderung in Ferch schlüssig begründet habe. „Es ist nicht unsere Aufgabe, Alternativen zu prüfen“, so Ministeriumsmitarbeiter Steffen Bohl. Er sagte aber zu, die Stolper Variante im Zuge des nun beginnenden Abwägungsverfahrens zu prüfen.

Der Fercher Ortsvorsteher Roland Büchner (BBS) forderte derweil, das komplette Verfahren für die neuen Brunnen auszusetzen, bis eine Kosten-Nutzen-Vergleich vorliegt. „Es kann erst weitergehen, wenn die EWP was schriftliches zu den Alternativen vorlegt.“ Rückendeckung bekam er von der CDU-Landtagsabgeordneten Saskia Ludwig. „Es hat keine Konfliktanalyse stattgefunden. Ich glaube nicht, dass eine neue Wasserschutzzone in Ferch gegen den geballten politischen Willen aller zustande kommt.“

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