Potsdam-Mittelmark: Firma Richter will mehr
Mitten im Streit um den Geltower Betrieb soll Kapazität der Recyclingschmiede von 50 000 auf 70 000 Tonnen wachsen
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Schwielowsee - Seit Monaten ist die Richter Recycling GmbH zwischen dem Geltower Ortsrand und einem Landschaftsschutzgebiet ein Zankapfel. Eine Initiative kämpft gegen den Krach einer Siebanlage, von Schreddern, Containerwechseln und schweren Fahrzeugen. Sie will verhindern, dass der Standort – 30 Meter zum Wohngebiet – im neuen Flächennutzungsplan der Gemeinde Schwielowsee zementiert wird. Währenddessen plant die Firma Richter nach PNN-Informationen, den Standort noch erheblich auszubauen.
Statt derzeit 50 000 Tonnen sollen künftig fast 70 000 Tonnen Schutt und Abfälle pro Jahr hier sortiert und für die Weiterverarbeitung vorbereitet werden. Das geht aus einem Erweiterungsantrag ans brandenburgische Landesumweltamt hervor. Der Lkw-Verkehr würde demnach von 80 auf 100 tägliche Fahrten steigen. Allerdings soll die Lärmbelastung für die Nachbarschaft unterm Strich sinken. „Es sind bauliche und organisatorische Veränderungen vorgesehen, um den Anlagenbetrieb besser zu strukturieren bzw. entstehende Immissionen zu verringern“, wie es im Erweiterungsantrag heißt.
So soll die laute Schneidemühle eine neue Arbeitshalle bekommen. An der südlichen Anlagengrenze zum Wohngebiet soll der Lärm durch eine Überdachung gedämpft werden. Insgesamt sollen 750 000 Euro investiert werden. Aus einem dem Antrag beigefügtem Lärmgutachten geht hervor, dass die geltenden Grenzwerte damit eingehalten werden können.
Ob das tatsächlich so ist, muss das Landesumweltamt bewerten. Erst im März hatte es moniert, dass Richter statt der erlaubten Ballenpresse insgesamt drei betreibt, eine Exklave auf dem Feld ungenehmigt als Containerstandplatz nutzt und es sechs Jahre lang unterlassen hat, die Entwicklung einer Graureiherkolonie zu beobachten – einem Flächennaturdenkmal, 35 Meter vom Firmenstandort entfernt. Es war eine Auflage für eine frühere Betriebsgenehmigung, die die Firma erst jetzt erfüllt hat. Das Ergebnis ist ernüchternd, Befürchtungen des Schutzgebietsbetreuers wurden bestätigt: Wurden bei der letzten Zählung im Jahr 1995 noch 228 Brutbäume gezählt, sind es jetzt 32.
Die Firma hat den guten Willen der Behörden und der Gemeinde in den vergangenen Jahren heftig strapaziert. Zusagen wurden nicht immer eingehalten, manche Erweiterungen erst nachträglich genehmigt. Ein Planungsexperte hat sich schon öffentlich gefragt, wie der Industriestandort im Mischgebiet überhaupt wachsen konnte. Die „IG Erholungsort Geltow“ meint sogar, dass Baugenehmigungen unter falschen Voraussetzungen erteilt wurden und die Erschließungsstraße zum Firmengelände teilweise über Privatland führt. Allerdings operiert die Initiative zum Teil mit abenteuerlichen Fakten und Zahlen, spricht zum Beispiel von täglich 300 Lkw-Fahrten, die mit der Expansion geplant seien, und künftigen Umschlagmengen von 90 000 Tonnen. Im Expansionsantrag des Unternehmens tauchen solche Zahlen – trotz einiger Unklarheiten – jedenfalls nicht auf.
Auf Grundlage solcher Zahlenspiele wurde der Erweiterungsantrag am Dienstagabend in der Bauausschusssitzung diskutiert. Städtebaulich hatten die Ausschussmitglieder mit den Veränderungen auf dem Firmengelände kein Problem, zumal der Lärm besser abgeschirmt werden soll. „Es geht aber um mehr als die Genehmigung von neuen Gebäuden“, so Ausschussvorsitzender Heiko Hüller (CDU/FDP). Am Ende einigte man sich darauf, eine städtebauliche Zustimmung zu erteilen, wie sie vom Landesumweltamt zur weiteren Bearbeitung gewünscht wird. Einem Kompromissvorschlag der Anwohnerintiative folgend sprach sich der Ausschuss aber gegen eine Kapazitätserweiterung aus, es soll bei 50 000 Tonnen bleiben, wie sie 2009 genehmigt wurden.
Das Landesumweltamt muss sich an das Votum nicht halten. Es wird sich den Antrag trotzdem zweimal anschauen. Am Pappeltor nebenan soll noch ein neues Wohngebiet mit 20 Häusern wachsen. Ahnungslose Häuslebauer haben schon Bauland erworben – am Wochenende, bei idyllischer Ruhe.
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