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Potsdam-Mittelmark: Firmen sollen sich Arbeiter teilen

Kreis setzt auf Angestellten-Sharing und will mit EU-Geld einen Arbeitgeber-Zusammenschluss aufbauen

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Potsdam-Mittelmark - Begeisterung klingt anders. „Das ist eine schwierige Angelegenheit“, sagt der Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes, Eberhard Schulze. In der Praxis schwer umzusetzen sei die neue Idee aus der Kreisverwaltung: Die mittelmärkischen Bauern und Forstwirte sollen sich künftig ihre Saisonkräfte teilen – in einem gemeinsamen Arbeitgeber-Zusammenschluss. Die Arbeitnehmer könnten im Sommer bei den Landwirten als Erntehelfer auf den Feldern stehen und im Winter für die Forstbetriebe Weihnachtsbäume fällen und Schnee schieben – so erklärte der Chef der mittelmärkischen Hartz IV-Behörde „Maia“, Bernd Schade, gestern vor Journalisten in Belzig das Projekt „Saison Plus“.

Der Vorteil für den Arbeiter: Er könnte das ganze Jahr angestellt bleiben, die arbeitslosen Phasen zwischen den Ernte-Saisons würde entfallen. Und die Maia müsste kein Arbeitslosengeld II mehr an ihn zahlen. Der Vorteil für die Firmen: Sie müssten nicht jedes Jahr neue Helfer einstellen und einarbeiten. Das sei nämlich jedes Mal ein Riesenaufwand, so Schulze. Darum habe sein Verband nach ersten Gesprächen mit der Maia auch zugesagt, das Vorhaben zu unterstützen.

Doch „Saison Plus“ ist derzeit noch Utopie. Es gibt keine konkreten Interessenten aus den Unternehmen. Und auch, ob die Bauern und Förster sich in einem Verein oder etwa einer Gesellschaft zusammenschließen sollen, steht noch nicht fest, so Maia-Chef Schade. Seine Behörde will deshalb selbst den Arbeitgeber-Zusammenschluss in Potsdam Mittelmark aufbauen. Bis Februar 2008 sollen Steuerberater und Juristen ein rechtliches Konstrukt dafür entwickeln. 30 000 Euro – vor allem aus EU-Mitteln – will der Kreis dafür ausgeben. Erst, wenn alles Rechtliche geregelt ist, könnte man die „skeptischen“ Land- und Forstwirte überzeugen, mit einzusteigen, glaubt Schade. Die Personalagentur „Dr. Linders“ soll möglichst noch vor Saisonstart 2008 mindestens zehn Firmen anwerben. Auf Linders fiel die Wahl, weil viele Bauern die Agentur bereits kennen, sie vermittelt für die Maia Langzeitarbeitslose als Erntehelfer. 2007 hat sie rund 300 Erntejobs mit arbeitslosen Mittelmärkern besetzt. So viele dauerhafte Arbeitsplätze werden durch „Saison Plus“ aber nicht entstehen. Das Ziel sei, bis Juni 2009 für 26 Menschen feste Jobs zu schaffen. „Ob das gelingt, ist nicht sicher“, so Schade. Es sei ein Versuch.

In Frankreich zumindest klappt es offenbar. Rund 40 000 Franzosen haben so unbefristete Arbeit gefunden, vor allem in Weinanbaugebieten, so Schade. Selbst in Brandenburg existierten schon einige kleinere Arbeitgeber-Zusammenschlüsse – allerdings nicht in der Landwirtschaft. In diesem Bereich könnte der Kreis bundesweiter Vorreiter werden.J. Wedemeyer

J. Wedemeyer

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