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In der Stadtgalerie. „Daphnes Garten“ von Charlotte Herzog von Berg.

© Frank Weber

KulTOUR: Fluffy und Daphnes Garten

Neue Malerei-Ausstellungen im Lendelhaus und Kunst-Geschoss in Werder

Stand:

Viel Kunst und Neuigkeit gibt es derzeit aus der Kulturstadt Werder anzuzeigen. Einmal ist das altehrwürdige und denkmalgeschützte Lendelhaus am insularen Markt seit Pfingsten für zwei Jahre verpachtet, also in treuen und festen Händen. Dafür sorgten der Potsdamer Kunstverein „Goldrotschwartz German Arthouse“ und der Werderaner Maler Hans-Joachim Stahlberg, die sich die Räume mit der denkmalgeschützten Ur-Tapete im Hochparterre teilen. Wenn alle Türen offen stehen, bekommt man einen hübschen Eindruck von der langen Zimmerflucht. Toll, das Lendelhaus als Galerie für zwei, und Bildwerk allerorten! Die andere gute Nachricht: In einer konzertierten Aktion haben sich die Lendel-Galeristen mit dem Kunst-Geschoss im Schützenhaus auf gemeinsame Öffnungszeiten jeweils donnerstags, samstags und sonntags geeinigt. Keine Konkurrenz also, sondern nachbarschaftliche Gemeinsamkeit.

Hans-Joachim Stahlberg hat sich seinen Wunsch nach einer eigenen Galerie erfüllt. Rechterhand des Eingangs sieht man Historisches, „still Gelebtes“ sowie jede Menge Bilder aus der heimatlichen Umgebung, alles ein wenig romantisch-realistisch angehaucht. Ein richtig guter Kontrast zu „Goldrotschwartz“, gleich nebenan moderne Gegenwartskunst mit internationalem Anspruch zu präsentieren. Am Samstag wurde die zweite Verkaufsausstellung von German Arthouse mit Werken von Klaus W. Rieck, Marc Schmitz und Vera Oxfort unter dem kryptischen Titel „Fluffy, mum und Arielle“ eröffnet. Es sollte ein „Nebeneinandermiteinandergleichzeitig“ sein, was vermutlich die nachbarschaftlich-räumliche Seite dieser Präsentation betonen will. Die Konzeption stimmt, auf der einen Seite die marmornen Skulpturen von Klaus W. Rieck in ihrer abstrakt-konkreten Schönheit, „Undine“ zum Beispiel, eine dreifingerige Flossenhand schneeweiß im Gegenlicht. Abstrahierende Malerei auf der anderen.

Vera Oxfort liebt Flächen, vielgeschichtete Strukturen, große Formate, an denen sie sich mit Werkzeug und Händen abarbeiten kann. So sieht man zum Beispiel zwei Bilder, deren Rahmung gemalt, die Innenfläche aber wie in polygrauen Farbtönen schwimmt. Wenn da etwas „drin“ wäre in diesen Sachen, wäre das auch nicht so schlecht, denn diese Art Malerei betont letztlich immer die formale Seite der Kunst. Kleinere Arbeiten in labyrinthisch gekritzelte Verschlingungen zum Grundton Grün („Inquietas“) regen da mehr an als die wandfüllenden Extras der Malerin.

Auch der viel gereiste Marc Schmitz liebt die große, gestaltete Fläche, montiert dort aber kleine abstrakte Motive hinein, zarte Oszillationen in Rot, scheinbar mehr Andeutung als „Wirklichkeit“. Nun, mit räumlichem Tiefenblick lassen sich diese vielschichtigen, lasierenden Werke gut erwandern. Moderne Sachen also, voller Ernst und Strenge aus den kühlen Tiefen einer Avantgarde (die eigentlich schon längst vergangen ist) bei „Goldrotschwartz“. Struktur statt Inhalt, Oberfläche statt Tiefe bei garantiertem Nebeneinander. Leider bleibt dabei oft die Seele auf der Strecke. Aber gäbe es diese Sachen, wenn kein Bedarf wäre?

In der Stadtgalerie Kunst-Geschoss ist diesmal das leichte Spiel der Fantasie zu Hause. Altersvitalität, Lebensfreude und Wärme strahlen die originellen Bilder und Farbradierungen von Charlotte Herzog von Berg in kluger Hängung aus. Die Berlinerin hat von ihren fernen Reisen viele Ideen mitgebracht. Ihre Bilder von „Mythos und Landschaft“. Und einen unverwechselbaren Stil des Gegenständlichen, darin landestypische Motivleisten aus Indien oder Tibet so wenig fehlen wie Silhouetten und Schatten, die als Löwe oder Fluggeist ganze Teile ihres Sujets bewachen, beherrschen, alles löschend, was „darunter“ zu sehen sein könnte. Allein so poetische Titel wie „Daphnes Garten“ oder „Ein erfrischendes Gespräch“ (Öl, Ei-Tempera) locken den Blick. Hier ist Kunst, was sie ist und sein soll: ein Kind der Fantasie, etwas Freies im Kopf. Gerold Paul

Ausstellung „Goldrotschwartz“ bis zum 16. August, Stadtgalerie bis 6. September jeweils Donnerstag, Samstag und Sonntag, 15 bis 18 Uhr

Gerold Paul

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