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Aus dem GERICHTSSAAL: Folgenreiche „Anmache“

Angreifer muss 1500 Euro Schmerzensgeld zahlen

Stand:

Werder - Eigentlich wollten Mario M.* (41), seine Ehefrau Manuela* (42) sowie die 18-jährige Tochter Mareike* beim Baumblütenfest voriges Jahr nur Spaß. Mit Freunden waren sie nach Werder gefahren, sammelten sich gegen 22 Uhr am Bierzelt, um nach Potsdam zurückzukehren. Da wurde Mareike von einem betrunkenen jungen Mann erst „angemacht“, dann übel beleidigt.

Das Mädchen konterte, berichtete der Mutter wenig später von dem Vorfall. Die Frau stellte den Übeltäter zur Rede. Und dann ging es los: „Der junge Mann packte mich an der Jacke, riss mich zu Boden und trat auf meine Beine ein“, erinnerte sich Manuela M. jetzt vor Gericht. „Als ich mich wieder aufrichten konnte, sah ich meinen Mann blutend auf der Erde liegen.“

Mario M. war seiner Gattin zu Hilfe geeilt. „Ich schnappte den Angreifer am Schlafittchen. Der wehrte sich. Da kippte ich um“, so der Maurer im Zeugenstand. „Dann versetzte er mir einen Tritt ins Gesicht. Der Freund meiner Tochter griff ein. Der bekam auch noch ein Ding ab.“

Mareike rief den Rettungswagen. Der brachte ihre erheblich verletzten Eltern sowie den lädierten Freund ins Krankenhaus. „Sind Sie sicher, dass es der Angeklagte war, der Sie so misshandelt hat“, fragte die Richterin. Die Familie M. hegte daran keinen Zweifel.

„Ich war das nicht“, beteuerte Daniel D.* (23) auf der Anklagebank und erzählte eine ganz andere Geschichte. Eine Prügelei spielte darin auch eine Rolle. Doch sei er in dieser Auseinandersetzung Opfer, nicht Täter gewesen. „Eine Gruppe von Leuten fing an, mich am Bierzelt zu schubsen. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. Dort wurde ich dann auch verprügelt und getreten.“ Er habe versucht, die Schläge abzuwehren. Es könne allerdings sein, dass er dabei auch den einen oder anderen getroffen habe. „Aber eine Frau habe ich auf keinen Fall angegriffen“, beteuerte Daniel D., der nach eigener Aussage Prellungen im Gesicht und am Rücken erlitt.

„Der Angeklagte hopste mich auf der Tanzfläche an“, sagte eine Zeugin, die später auch die Schlägerei beobachtet hatte. „Dann entschuldigte er sich. Er hatte mich angeblich verwechselt. Er ist ein hübscher Kerl. Ich habe mir sein Gesicht gemerkt. Deshalb bin ich sicher, dass er es war.“

„Ich glaube, dass der Angeklagte kein Schlägertyp ist“, so die Staatsanwältin. Doch in der bewussten Nacht habe er wohl völlig die Kontrolle über sich verloren. „Er hatte zur Tatzeit ungefähr zwei Promille intus. Das ist sehr viel für jemanden, der nicht trinkgewohnt ist.“

Der Verteidiger mutmaßte, Manuela M. habe den Vorfall erfunden, um Schmerzensgeld zu kassieren. „Mario M. hat auf meinen Mandanten eingeschlagen, aber nicht, um seine Frau zu verteidigen“, erklärte der Rechtsanwalt und forderte Freispruch für den Angeklagten. Dem folgte das Gericht allerdings nicht. Es verurteilte Daniel D. wegen einfacher sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, ausgesetzt zu zweijähriger Bewährung. Außerdem muss er dem Ehepaar M. insgesamt 1500 Euro Schmerzensgeld zahlen. (*Namen geändert.) Hoga

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