Aus dem GERICHTSSAAL: Folgenschwere Kutschfahrt
13-Jährige schwer verletzt / Keine gravierenden Versäumnisse der Reitlehrerin
Stand:
Nuthetal – Eine Kutsche – geführt von einer Dreizehnjährigen – fährt am Nachmittag des 20. September 2005 von einem Reiterhof in Bergholz-Rehbrücke, rollt mitten auf die Straße. Das Mädchen auf dem Bock hat die Situation offenbar nicht unter Kontrolle. Das Pferd geht durch, stößt mit zwei Autos zusammen. Die Fahrzeuge werden erheblich beschädigt. Die Jugendliche erleidet schwere Verletzungen, unter denen sie noch heute leidet, kann nicht mehr reiten. Das Tier kommt relativ glimpflich davon.
Auslöser des tragischen Geschehens soll laut Staatsanwaltschaft die Reitlehrerin Bettina B.* (27) sein. Sie soll dem Mädchen gestattet haben, ihr eigenes Pferd vor die Kutsche des Reiterhofs zu spannen. Gestern musste sich Bettina B. wegen fahrlässiger Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten und wies jede Schuld von sich. „Katharina* kam – wie so oft – mit ihrem eigenen Pferd vorbei. Sie fragte, ob sie das Kutschgeschirr einmal ausprobieren dürfe“, berichtete die Angeklagte. Da sie gerade damit beschäftigt gewesen sei, die Ponys für zwei kleine Kinder zu satteln, nebenbei deren Fragen beantwortete, habe sie dem „Rumquengeln“ des Mädchens nach anfänglichem Zögern schließlich zugestimmt.
„Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie die Kutsche nimmt. Die steht mit einer Plane abgedeckt etwas abseits.“ Nach dem Unglück habe Katharina herumerzählt, sie hätte ihr sogar geholfen, ihr Pferd an die Kutsche zu spannen. Das sei genau so falsch wie ihre Behauptung, ein Hund habe ihr Pferd gebissen. Deshalb sei es rebellisch geworden, so Bettina B..
„Wie ist denn ihrer Ansicht nach die Frage des Mädchens zu verstehen, ob sie das Geschirr einmal ausprobieren dürfe?“, hakte der Staatsanwalt nach. „Dem Pferd auflegen und gucken, ob es passt“, parierte Bettina B.. „Wer kann denn ahnen, dass sie die Kutsche abdeckt, ausräumt und einfach losfährt?“
Während der Zeugenvernehmung von Katharina K. (inzwischen 14) , die auf Antrag ihrer Mutter unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, soll sie die Angeklagte erneut belastet haben. Das Gericht war dennoch der Meinung, die Schuld von Bettina B. sei als gering anzusehen. „Es war ein Unfall. Katharina war damals schon eine geübte Reiterin. Ihr Pferd ging auch bereits vor einer Kutsche“, resümierte die Vorsitzende.
Zwar habe die Angeklagte eine besondere Sorgfaltspflicht, wenn sie mit Minderjährigen umgehe. Im konkreten Fall sei die Pflichtverletzung aber nicht so gravierend, dass sie mit einem Urteil geahndet werden müsse. Deshalb wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 200 Euro an die Deutsche Krebshilfe eingestellt. „Die zivilrechtlichen Ansprüche bleiben davon allerdings unberührt“, führte die Amtsrichterin aus. (*Namen geändert.) Hoga
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