Von Peter Könnicke: Fragend durchs Teltower Stadtfest
Was sieht City von da oben? Wie schmeckt Straußenbockwurst? Gibt es eine Promillegrenze?
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Teltow - Über ein Stadtfest, zumal es wie in Teltow bereits das 21. ist, lässt sich streng nachrichtlich berichten. Mehrere Tausend Besucher strömten an den vergangenen drei Tagen ins Teltower Techno-Terrain, um traditionell um den Tag der Deutschen Einheit das Stadtfest zu feiern. Haupt-Akt war am Samstagabend das Konzert der Kultband City. Am Sonntag präsentierten sich auf dem Markt der Möglichkeiten 40 Vereine und Selbsthilfegruppen aus der Region. Die Veranstalter zogen eine positive Bilanz.
Man kann aber auch eine Reihe von Fragen zum Stadtfest stellen, das 165 000 Euro kostet, wovon die Stadt 45 000 Euro trägt, den Rest Sponsoren. So lässt sich fragen, wie wohl der Ausblick von City-Sänger Toni Krahl von der Bühne ist, wenn sich der künstliche Nebel nach den ersten Gitarrenakkorden verzogen hat. Rechts müsste er eines der Bürogebäude erkannt haben und davor eine Cocktailbar. Und links die Festwiese mit Riesenrad und Breakdance-Karussell, auf das Heranwachsende total abfahren. Direkt vor der Bühne hat Toni Krahl seine Fans gesehen, schließlich hat er ins Publikum gewunken, und das war dankbar, hat mitgesungen und getanzt und Leuchtstäbe geschwenkt.
Es lässt sich fragen, ob die Vorband von City so passend war. Eigentlich war es nur ein Solokünstler, der seine Band „Public Hearing“ vertreten hat und sich viel Mühe gab, den Leuten einzuheizen. Tolle Stimme, die Musik ging in Richtung Hip-Hop und Rap, die englischen Texte handelten von Weltschmerz und Liebe – und unten standen – nun ja – reichlich Veteranen des guten alten Ostrocks. „Public Hearing“ ist eine Nachwuchsband, die hier einen großen Auftritt bekommen sollte du man fragt sich, ob sie es tatsächlich mal in die Charts schafft, wie der Moderator behauptete.
Eine andere Frage: Wie soll man denn den Konzert-Marathon, den die Agentur brando von Freitag bis Sonntag organisiert hatte, durchhalten? Reichen nicht zwei Tage? Zumal es am Freitag kalt und es eh nicht so voll war. Die Jugend indes hatte ihren Spaß und der ein oder andere Teeny auch genug getrunken. Kontrollieren die an die Bierwagen auch Ausweise?
Klar, auf so einem Volksfest wird generationsübergreifend gefeiert – zum Anstoßen gab es reichlich Auswahl: Bier, Sekt, Cocktails, Bowle, kleine Feiglinge. Darf man einem Gast sagen, dass er genug hat? Gibt es eine Promillegrenze? Immerhin hat es ein älterer Herr selbst gemerkt und den Rest seines Bieres über die Schuhe seines Nachbarn gekippt. Hungern musste man auch nicht: Bratwurstbuden, Crêpes, Donuts, schließlich eine ganze Genießergasse mit leckeren Sachen, Scampis und Garnelen oder Rollmöpsen. Doch schließt sich eine weitere Frage an: Muss eine Bratwurst drei Euro kosten? Und wie in aller Welt schmeckt Straußenbockwurst? Brettert Tannenschnaps? Wer kauft noch CDs mit bolivianischer Panflöten-Musik? Und 3-D-Elektrofeuer? Gute Geschäfte machte die Korbflechterei und auch der Mann, der mit einer Stichsäge Schwippbögen bastelte. Ist denn schon wieder Weihnachten?
War der gestrige Sonntag das, was man unter goldenem Oktober versteht? Für einen Spaziergang zur Mittagsstunde über das Festgelände war es zumindest angenehm: Sonne, kein Gedränge, hier ein Latte Macciato, dort ein Wein. Auf dem Familienareal konnte man übers Wasser gehen, indem man sich in einen riesigen Ballon begab, der in einem Bassin schwamm. Dolle Sache! Aber fünf Euro?
Country-Fans sind offenbar keine Frühaufsteher. Oder warum stand da keiner vor der Bühne, auf der in der Mittags „The Lubbocks“ klampften und den Auftakt gaben zum 2. Country-Open-Air 2010? Ob die nochmal wiederkommen? Zum neunten Mal gab es den Markt der Möglichkeiten, die Präsentationsfläche hiesiger Vereine. Ganz vorn Axel Szilleweit, der das berühmte Teltower Rübchen anbaut. Wie war die Ernte? „Der September war mäßig“, meint der Bauer. Und so bekommt man auf dem Teltower Stadtfest eine Menge Fragen beantwortet – durch probieren, kosten, mitmachen. Einiges wird wohl – wie immer – nochmal hinterfragt werden.
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