KulTOUR: Frauentag ist überall
Theater und Ehrungen in Teltow, Werder oder Wilhelmshorst
Stand:
Von Gerold Paul
Potsdam-Mittelmark - Solange nur die Liebe da ist, sind Frauen wirklich entzückende Wesen. Bei Männern ist das ähnlich, nur haben oder brauchen sie dafür keinen Extra-Tag. 8. März, Internationaler Frauentag, klar: Jene 24 Stunden mit Nelken und Pralinendose, wo alles Mannsvolk immer besonders nett sein soll und eigentlich auch ist. Ein Tag des Respekts, der Achtung, der Ehrung – wohlverdient und schwer erkämpft.
Was bedeutet dieser Tag und Anlass für mich ganz persönlich, fragten sich Frauke Schmidt-Theilig, Anke Mühlig und Maren Ernst, und gaben diese und weitere Fragen an sechzig deutsche und kirgisische Frauen im Alter von 15 bis 80 weiter. So wollten sie wissen, wie die Probanden sich selber sehen, was sie in ihrem Leben ändern wollten, wofür sie dankbar sind, was sie mit anderen teilen würden, was ihnen Würde, Tradition und Vorbilder bedeuten. Aus Hunderten von Antworten suchte man nun das Beste heraus, und gestaltete damit für das Teltower Bürgerhaus ein szenisches Programm, welches Rahel Härer mit Liedern zum Akkordeon begleitet.
Unabhängig, aber trotzdem beteiligt, stellt die Gruppe „blutorangen“ Bilder zum Thema „Frauen im Wandel“ aus. „Wenn wir zusammengehn, geht mit uns ein schöner Tag“, liest man zum Beispiel auf einer lebensgroßen Frauen-Silhouette. Na ja. Ein Beamer soll die Namen aller Aktiven auf die Bühne beamen, auch Bilder aus dem Reich der frühen oder späten Soufragetten. Sogar Clara Zetkin.
Der Internationale oder Weltfrauentag wird morgen genau hundert Jahre alt. Seine Vorläufer reichen bis in die Zeit der Französischen Revolution zurück. In Deutschland forderte Luise Otto-Peters kurz nach 1848 von den Frauen mehr Selbständigkeit in wirtschaftlichen und geistigen Belangen, 1865 gründete sich in Leipzig der Allgemeine Deutsche Frauenverein. 55 Jahre später schlug Clara Zetkin in Kopenhagen einen internationalen Frauentag vor, um dem Kampf für Gleichberechtigung und Frauenwahlrecht Nachdruck zu verleihen. Aus parteitaktischen Gründen requirierte die deutsche Sozialdemokratie das Thema für sich.
Die Fixierung auf den 8. März verdankt die Nachwelt allerdings den Kommunisten. Egal, ob nun Lenin 1921 dieses Datum zum „Internationalen Frauentag“ proklamierte, oder die „Zweite Internationale Konferenz kommunistischer Frauen“, die sich auf die Rolle ihrer Geschlechtsgenossinnen beim Ausbruch der russischen Februarrevolution berief – der 8. März bleibt von seinen Wurzeln her ein linkes Ding. Warum sonst sollte Landtagsabgeordneter Andreas Bernig am 8. März „die Frauen der Partei ,Die Linke’“ in Werders Bürgerbüro einladen, um ihnen Dank zu sagen? Schließlich hat sogar die Uno 1977 diesen Tag unter der Parole „Für die Rechte der Frau und den Weltfrieden“ für sich reklamiert, Länder wie Russland, Zypern und Vietnam begehen ihn als Feiertag. Heute wird die Hundertjährige in das Gewand der „Gleichstellung“ gehüllt, ein Zugpferd für den jetzigen Umbau Europas!
Wie aber die fast ausverkaufte Festveranstaltung im Teltower Bürgerhaus diese politisch-ideologische Komponente nicht braucht, um von Frau zu Frau „Ich bin – Wir sind“ zu sagen, so erwarten feindliche Ignoranten am 8. in der Werderaner „Comédie Soleil“ sechzig „schöne Böswetterminuten zum Frauentag“, knallharte Comedy-Anarchie von Locci. „Alle Damen“ werden ausdrücklich zum Vorzugseintrittspreis eingelassen, ist das nicht schon fast wie ein Lächeln?
Dass Frauentag und Fastnacht zusammenfallen, ist übrigens Zufall. Man kann aber auch die seriöse Lesung mit Kathrin Schmidt im Wilhelmshorster Huchel-Haus besuchen. Ob nun mit Blumen oder ohne Pralinen und rote Nelken, es ist viel los am Dienstag in PM. Wem der ganze Rummel zu missfallen geruht, kann es ja wie eine der befragten Kirgisinnen halten: „Frauentag? Nie gehört!“
Gerold Paul
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: