Potsdam-Mittelmark: Freie Kapazitäten
Offene Türen in den Diakonischen Werkstätten in Werder: Kontaktpflege zu Wirtschaft und Kommunen
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Werder (Havel) - Volle Aktenschränke auf wenige Zentimeter schrumpfen – so ließe sich der Job von Mike Venus und Marcel Hildebrandt beschreiben. Sie übertragen den Inhalt von dicken Ordnern in Computer-lesbare Formate, die anschließend auf CD gespeichert werden. Die alten Akten werden auf Wunsch zerschreddert. „Man findet eine alte Rechnung auch viel schneller im elektronischen Suchsystem“, erläuterte Mike Venus die Vorteile eines papierarmen Büros den Besuchern, die zum Tag der offenen Tür in die Diakonischen Werkstätten nach Werder kamen.
Der junge Mann sitzt im Rollstuhl und gibt Daten in eine Bildschirmmaske ein, während sein Kollege Dokumente aus einem Ordner einscannt. In das Computer-Programm hat sich der Informatikkaufmann schnell eingearbeitet. Er hat einen von rund 60 Arbeitsplätzen, die die Zweigstelle des Evangelischen Diakonissenhauses Berlin-Teltow-Lehnin für Menschen mit Behinderung zur Verfügung stellt.
Zurzeit arbeiten 40 Behinderte in den Werderaner Werkstätten, die 2005 eröffnet wurden. Rund 475 000 Euro hatte das Evangelische Diakonissenhaus in den Umbau eines leerstehenden Kindergartens in der Adolf-Damaschke-Straße investiert. „Wir sind froh, dass uns die Stadt Werder mit einer günstigen Pacht entgegenkam“, sagte Joachim Kettner, Leiter der Werkstätten.
Ähnlich wie in Teltow werden nun auch in Werder Kleinserien für die Industrie gefertigt: Spreizbolzen für Möbelhersteller, Zündkabel für Autos oder Schalterboxen für Telekommunikationsgeräte. Zudem gibt es eine kleine Holzwerkstatt und auch Grünpflege wird als Dienstleistung angeboten. Es gäbe aber noch freie Kapazitäten und Kettner hofft, mit dem Tag der offenen Tür neue Partner werben zu können. Er schätzt die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft als sehr erfolgreich ein. Schwieriger sei es, die Kommunen von Angeboten zu überzeugen, obwohl sich gerade im Landschaftsbau Möglichkeiten bieten würden. Zudem könnte die öffentliche Hand die Schwerbehindertenabgabe einsparen, die ab Betriebsgröße von 20 Mitarbeitern zu entrichten sei.
Planungen von Landschaftsbau-Elementen bis hin zu Gärten gehören zur Palette im Grünpflegebereich. Vorzeigbar sind auch die Außenanlagen rund um die Werkstätten, die von der Gruppe Galabau angelegt wurden.
„Im Arbeitsalltag stehen nicht die Defizite von Behinderten im Vordergrund, vielmehr geht es darum ihre Fähigkeiten zu fördern, um ihr Selbstvertrauen zu stärken“, erklärt Kettner. Soziale Einbindung bietet den Behinderten auch die berufliche Bildung in den Werkstätten, die auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereiten soll. Schon die Tagesstruktur bringe ein Stück mehr Normalität. Ein Förderbescheid sei in der Regel auf zwei Jahre begrenzt, bedauert Kettner, dass dem Reifeprozess aus ökonomischen Gründen Grenzen gesetzt sind. „Denn Menschen mit Behinderung brauchen für ihre Entwicklung mehr Zeit als andere.“ Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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