KulTOUR: Freiheit für Kopf und Leinwand
Eine Hommage an den Verein KunstWerk in der Kähnsdorfer Kulturscheune
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Seddiner See - Auf der Seeseite der Kähnsdorfer Kulturscheune, ältestes Gebäude am Platz, wachsen derzeit fremdländische Früchte: Ananas, Artischocke, Granatapfel, Orangen. Hübsch anzusehen, doch nicht ganz echt, weil nur auf Folien gebannt, gehören sie zu einem Projekt, mit dem sich die Gruppe „Kunst am See“ an der aktuellen Jubelfeierei zum Dreihundertsten des besagten Zweiten beteiligt. Es geht um „Blumen und Früchte aus der Orangerie Friedrich II“. Nicht schlecht, doch auch nicht alles, was die Kulturscheune im nunmehr elften Jahr ihres Bestehens neben Vorträgen, Konzerten, Schülerprojekten, Lesungen, Geselligkeit und jeder Menge Ausstellungen zu bieten hat.
So wird auch in diesem Jahr Walfriede Schmitt wieder in Kähnsdorf lesen und bei der Aktion „Feuer und Flamme für unsere Museen“ geht ein Vortrag der Frage nach, ob und wie EffZwos frühkindliche Prägung bleibende Schäden bei ihm hinterlassen haben könnte.
Die aktuelle Ausstellung ist indes eine kleine Hommage an den Verein KunstWerk Beelitz im Allgemeinen und für das Ehepaar Edda und Jürgen Giera im Besonderen. Beide haben erst spät zu malen begonnen, beide bekennen, die Kunst, mit Pinsel, Spachtel und Farbe umzugehen, „mehr als Hobby“ zu betreiben, aus Liebhaberei. Manchmal schafft das mehr Freiheit für Kopf und Leinwand, als je gedacht. Also kann man auch bei dieser kleinen „Familienschau“ eine ganze Menge lernen. Zum Beispiel über gewisse Weltuntergänge in ungefähr vier Milliarden Jahren, falls die Wissenschaft nicht irrt, was ja nun laufend geschieht. Jürgen Giera zeigt sie in leuchtenden Ölfarben gleich zweimal, mehr im Spaß als im Ernst wünschend, diese „Endzeit“ selbst noch zu erleben.
Aber er „kann“ auch anders, er malt Milieu und Landschaft, versucht sich in mehr oder weniger abstrakten Konstruktionen, Farbe und Linie und mit „Auf blauem Grund“ auch die Form betreffend. Interessante Arbeiten. Ganz Beelitz dürfte es freuen, dass Edda Giera nicht nur die Stadtmauer, sondern auch die gesamte Vedute des Ortes gemalt hat. So etwas gehört natürlich in die öffentlichen Räume! Neben den nicht so überzeugenden Bildern zu „Feuer“ und „Wasser“ (das sind Geister, die in dieser Gestalt erscheinen) hat sie ein Triptychon geschaffen, dessen Teile man austauschen kann, ohne das mehr oder weniger abstrakte Sujet zu beschädigen.
Sie experimentiert viel mit den Meistern der Kunst, mit Miro zum Beispiel. Die raffiniert komponierten, in kühle Blautöne getauchten Bilder „Corps de ballett“ und „Tänzerin“ zeigen vielleicht auch eigene Vorlieben an. Wer Augen hat, zu sehen und Geist genug, die etwas abseits vom Weg liegende Offerte als das zu nehmen, was sie ist und sein will, geht bereichert wieder hinaus. Was ist denn real, was nicht?! Alles. Hier wird aus Liebhaberei gesucht, probiert, hier ist man mutig, sich der Öffentlichkeit zu stellen, ohne die ein jedes Werk verrottet und er-stirbt. Zwei leben unter einem Dach, zwei malen unter einem Dach, ganz in Familie. Da braucht schon jeder seine eigene Handschrift, sonst wird das nichts! In Kähnsdorf ist es geworden. Klug beraten, wer da sagen kann: „Wir sind keine Kunsthalle, sondern eine Kulturscheune!“
bis zum 28. Juli Mi., Do., Sa. und So. von 11 bis 16 Uhr, weitere Infos: (033205) 64 104
Gerold Paul
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