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Potsdam-Mittelmark: Freiheit unterm Regenschirm
Der verurteilte Hotelier Axel Hilpert ist seit Montag auf freiem Fuß – gegen eine Kaution von 500 000 Euro
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Brandenburg (Havel) - Das Outfit passte zu einem Ausflug in die Sommerfrische. Bekleidet mit knielangen Shorts, schwarzem T-Shirt und Basecap hat der vor fünf Tagen wegen Millionenbetrugs verurteilte Hotelier Axel Hilpert am Montagnachmittag die Justizvollzugsanstalt Brandenburg verlassen. Ein großer schwarzer Sonnenschirm sollte ihn vor dem Blitzlichtgewitter schützen. Schnell eilte Hilpert zu einem vorgefahrenen schwarzen Landrover – ohne auf die hastig von den Journalisten zugerufenen Fragen zu antworten.
Seine Habe hatte zuvor bereits sein Sohn Christian verladen. Auf dem Handwagen, den er aus dem Haupteingang der Haftanstalt herausrollte, lagen eine Reisetasche und mehrere Plastebeutel mit Werbeaufschriften von Supermärkten. Später, als die Presseschar schon abgezogen war, fuhr der schwarze Wagen noch einmal vor – um den geliehenen Schirm wieder abzugeben.
Hilpert war, wie bei Untersuchungshäftlingen üblich, in einer Einzelzelle untergebracht. Er soll in diesem langen Jahr viel telefoniert und viel Besuch empfangen haben, nahm auch an Freizeitaktivitäten der Anstalt teil. Aus seiner Familie hieß es, er wurde gut und freundlich behandelt. Gestern dann das ersehnte Entlassungsgespräch. Wie berichtet sollte Hilpert bereits am Freitag rauskommen, doch war an diesem Tag die vom Landgericht geforderte Kaution von 500 000 Euro noch nicht zusammengekommen. Und auch Montag wurde es noch einmal spannend.
Erst gegen 15 Uhr hatte die Justizkasse den Eingang der Geldsumme gemeldet – dann ging alles sehr schnell. Wie angekündigt ordnete das Landgericht die Aussetzung des Haftbefehls an. Eine Stunde später, kurz nach 16 Uhr, war der Geschäftsführer des Luxushotels „Resort Schwielowsee“ in Werder (Havel) ein freier Mann. Seine Personaldokumente waren zuvor bereits beim Gericht hinterlegt worden.
Einmal wöchentlich muss er sich jetzt bei der zuständigen Polizeidienststelle melden, die Bundesrepublik Deutschland darf Hilpert nicht verlassen. Das Landgericht sieht weiterhin eine Fluchtgefahr – deshalb war die Zahlung der Kaution gefordert worden. Sollte Hilpert einen Fluchtversuch unternehmen, setze er die hohe Kautionssumme aufs Spiel, erklärte ein Gerichtssprecher. Hilpert hätte auch seine finanziellen Verhältnisse offenlegen und darlegen können, dass er die 500 000 Euro nicht aufbringen kann, die Kaution wäre dann gesunken. Davon machte er keinen Gebrauch.
Solange er alle Auflagen erfüllt, bleibt Hilpert jetzt frei, bis sein Urteil rechtskräftig ist. Das Gericht hatte den Unternehmer vergangene Woche zu fünf Jahren und acht Monaten Haft wegen Betruges, Untreue und Steuerhinterziehung verurteilt. Nach Überzeugung der Richter hat der 64-Jährige die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) getäuscht und dadurch 9,2 Millionen Euro Fördermittel zu Unrecht für den Bau des Hotels kassiert. Die Verteidigung hat Revision gegen die Entscheidung eingelegt Sie hatte einen Freispruch gefordert.
Solange das Urteil nicht rechtskräftig ist, wollten die Potsdamer Richter dem gesundheitlich schwer angeschlagenen Hilpert keine weitere Haft zumuten. Nun hängt es vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe ab, ob und wann der Hotelier wieder ins Gefängnis muss. Das kann dauern: Die schriftliche Urteilsbegründung des Landgerichts wird erst in einigen Monaten erwartet. Bis sich dann der Bundesgerichtshof mit dem Fall beschäftigt, wird wohl mindestens ein Jahr vergehen.
Hilperts Verteidiger hatten nach PNN-Informationen darum gebeten, ihn am Montag diskret und ohne Öffentlichkeit durch einen Hintereingang zu entlassen – die Sonderbehandlung wurde von der Anstaltsleitung abgelehnt.
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