Von Tobias Reichelt: Freiheitskämpfer auf dem Dachboden
Kleinmachnows Heimatverein hat eine Gedenktafel aus napoléonischer Zeit in der Dorfkirche gefunden
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Kleinmachnow - In einer dunklen Ecke der Kleinmachnower Dorfkirche hat sie über Jahrzehnte ihr Dasein gefristet, staubte ein, bis Ingo Saupe sie entdeckte: Das Heimatvereinsmitglied hat auf dem Dachboden der Kirche einen heimathistorischen Schatz gehoben, eine Gedenktafel mit den Namen von elf Kleinmachnowern, die für „König und Vaterland“ in der Zeit von 1813 bis 1815 gegen das französische Kaiserreich Napoléon Bonapartes in den „heiligen Krieg“ gezogen waren – ein fast 200 Jahre altes Zeugnis der Geschichte, das der Heimatverein jetzt bewahren will.
Es muss Zufall gewesen sein, sagt Ingo Saupe. Schon öfter hatte der Rentner Interessierte durch das über 400 Jahre alte Kirchenbauwerk in Kleinmachnows altem Dorfkern geführt. Der Gang den Kirchturm empor war ihm bekannt. Auch den Dachboden hatte er schon häufig gesehen. Doch an diesem Tag war etwas anders: „Die Sonne hat gestrahlt“, erzählt Saupe. Ein Lichtschein sei durch das löchrige Dach auf die Tafel gefallen. So offenbarten sich Saupe die feinen Ornamente, die geschwungene Schrift und das Eiserne Kreuz. Seit diesem Augenblick kann er nicht mehr von der Tafel lassen.
„Es ist erstaunlich, dass sie überhaupt so gut erhalten ist“, sagt Saupe. Offensichtlich achtlos habe sie jemand unter dem Ziegeldach der Kirche abgestellt, vielleicht weil dort, wo sie hing, renoviert wurde. Staub, Dunkelheit und Spinnweben hatten sie verborgen. Wann und warum die Tafel von ihrem angestammten Platz verschwand, ist den Heimatforschern unklar. Sicher ist nur: Die Tafel war für die Dorfkirche bestimmt, denn so steht es – wenn auch etwas umständlich formuliert – auf dem knapp zwei Meter hohen und ein Meter breiten Holz geschrieben: „Diese Ehrentafel ist am 18. Jann 1816, als am allgemeinen Friedensfeste zum Andenken in die Machnowsche Kirche gebracht worden.“
Zu dieser Zeit waren die blutigen Kriege gegen den französischen Kaiser längst ausgefochten. Napoléon war besiegt, nicht zuletzt durch seine Niederlage in der Schlacht bei Großbeeren. Einen Anteil daran müssen auch die elf „edlen und wehrhaften Männer und Jünglinge“ aus Kleinmachnow gehabt haben, nur so lässt sich die aufgetauchte Tafel deuten. Selbst Ortsprominenz stellte sich dem Kampfe gegen die Besatzer: Namentlich sind unter anderem Eduard, Adolf und Emil von Hake aufgeführt sowie der Oberjäger Friedrich Reichardt oder der Landwehrmann Friedrich Schulze. Von den Elf musste ein Kleinmachnower sein Leben lassen: Gottfried Pardemann – „ein braver und rechtschaffner Mann“. Er kehrte als einziger nicht zurück. Fast 23 Jahre hatten die Napoléonische Kriege in Europa gewütet und den Tod von rund 6,5 Millionen Menschen zur Folge.
„Das ist jetzt bald 200 Jahre her“, sagt Ingo Saupe. Das nahende Jubiläum des Kriegsendes müsse die Gemeinde zum Anlass nehmen, der Tafel einen würdigen Platz zu bieten, findet er. Ein Heimatmuseum würde sich anbieten. „Kleinmachnow hat nur leider keins.“ Seit Jahren drängt der Verein darauf, die Geschichte des Ortes in einem Museum ausstellen zu können. Sehenswertes gebe es genug: Der Verein kann die größte Buchsammlung Kleinmachnower Literatur vorweisen, unzählige Postkarten, Fotos und zum Beispiel den Morgenstern, der einst die alte Hakeburg zierte.
Vorerst wird die Gedenktafel auf dem dunklen Kirchenboden bleiben – einen anderen Platz kann der Heimatverein noch nicht bieten.
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