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Potsdam-Mittelmark: Friedfertig wie die Keltenpriester
Zwei Beauftragte des Druidenordens sollen Loge Potsdam / Werder gründen
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Werder (Havel) / Potsdam - Es gibt ein kleines Geheimnis, wenn sich Manfred Richter und Jörg Völker begrüßen: Beim Händedruck wird das Handgelenk für einen halbe Sekunde seitlich gedreht. Wie mit einem Augenzwinkern könnten sie sich damit überall auf der Welt identifizieren: als Mitglieder des Druiden-Ordens. Völker trägt auch noch den kleinen Siebenstern am Revers. Die Herren verbindet eine Aufgabe: Mit der „Theodor-Fontane-Loge“ wollen sie einen neue Abteilung des „Deutschen Druiden-Ordens“ in Potsdam und Werder (Havel) gründen.
Völkers ist 67, Ur-Berliner und war bis zur Rente Standort-Vize des Gasturbinenwerks von Siemens. Als vor vier Jahren seine Frau verstarb, war er mit dem Job und den fünf Kindern „bis zur Hutkrempe physisch und psychisch“ ausgelastet. „Ein guter Kollege fragte mich damals, ob ich mich nicht mal aussprechen will“, erinnert er sich. So sei er zum Orden gestoßen, in dem sich die Mitglieder und Referenten in rituellem Rahmen zweiwöchentlich Vorträge zu Themen jenseits des tagespolitischen Geschehens halten.
Identische schwarze Anzüge sind Pflicht, man soll sich hier nicht an der Kleidung erkennen. Vor- und nachher werden festgelegte Texte gesprochen, zwischendurch wird innegehalten, Musik gehört, am Ende diskutiert. Es habe ihm Spaß gemacht und Kraft gegeben, dass andere Menschen die Welt sehen wie er, sagt der pensionierte Manager. Und als sich Völker kurz vor dem Ruhestand erfolgreich gegen ein Sanierungsprogramm wehrte, habe ihm die Ordensmitgliedschaft zu einer „starken, inneren Gelassenheit“ verholfen. Der Standort wurde ausgebaut.
Bei den Kelten waren die Druiden Zauberer, Priester, und Wahrer des Wissens. Auch wenn der Druiden-Orden mit dem Kelten-Kult nicht in Verbindung gebracht werden will: Im Streben nach Frieden und Weisheit fühlen sie sich ideell bis heute mit den alten Druiden verbunden. Schon 1781 wurde der „Ancient Order of Druids“ in London gegründet. „Einigkeit, Frieden, Eintracht“ gelten bis heute als Leitmotive. 1872 wurde der Orden mit der Dodona-Loge in Berlin erstmals in Deutschland aktiv. Sie ist nun die Mutterloge für die Neugründung in Potsdam / Werder.
Gründungsbeauftragter Manfred Richter ist schon 1984, anfangs aus Neugier, zum Orden gestoßen. Damals lebte der 75-Jährige, der mal zum Theater wollte, dann aber Kürschner wurde, in Zürich. Es habe Wochen bis zur Aufnahme gedauert, vor der die Ordensbrüder weiße Murmeln in ein Behältnis geben müssen. Sind mehr als zwei schwarze darin, ist die Mitgliedschaft geplatzt. „Der Orden war aber gar nicht so elitär, wie ich gedacht hatte.“
Richter findet, dass die humanistischen Werte seiner Brüder ein gutes Gegengewicht zur mit Irrsinn geladenen Gegenwart bilden. „Man kann damit nicht die Welt ändern, aber sich und vielleicht sein Umfeld.“ Nächstenliebe und Toleranz sind auch bei Manfred Richter gewachsen. Der Zürcher Orden hätten nicht zuletzt den Impuls gegeben, sich 1988 selbstständig zu machen. „Mir wurde dort erst bewusst, dass ich das kann.“ Richter bekam später Preise und Medaillen für seine Pelz-Designs. Am meisten habe ihn aber gefreut, wenn er den alten Mantel einer Kundin aufhübschen konnte. „Auch wenn das nichts einbrachte.“
„Pragmatismus statt Dogmatismus“, so vergleicht Manfred Richter die Druiden mit den Freimaurern. „Wir sind auch schlichter.“ Religion spiele keine Rolle und nur unversöhnliche Streithähne müssten wieder gehen. Ein Dogma gibt es dann doch: Frauen sind bei den „Innensitzungen“ verboten, dürfen aber seit einigen Jahren eigene Logen gründen. Und die Mitgliedschaft der Männer muss von den Gattinnen unterstützt werden.
Deutschlandweit gibt es heute 60 Druiden-Logen mit etwa 1500 Mitgliedern. Vor dem Verbot durch die Nazis im Jahre 1935 waren es 250 mit 12 000 Mitgliedern. Als unlängst Unterlagen auftauchten, die zwei frühere Logen in Potsdam belegten, bekamen Richter und Völker den Auftrag, aktiv zu werden und eine neue Loge zu gründen. Einige Vorbereitungstreffen habe es schon gegeben, anfangs im Potsdamer Restaurant „Altstadthotel“, dann im Gewölbe-Keller des Lendelhauses in Werder. Denn auch in Werder gibt es Interessenten für die Ordens-Mitgliedschaft. Zuletzt traf man sich dort zur „Außentafel“ zum Thema „Drogenkultur“. „Schönere Atmoshäre“, findet Völkers.
Informationsveranstaltung zur Fontane-Loge am 21. September um 19 Uhr im Lendelhaus, Am Markt 21. Kontakt: (030) 364 15994.
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