Potsdam-Mittelmark: Fröhlichkeit gehört in jede Schule
Freiherr von Meusebach oder Franz Fühmann als Namensgeber
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Schwielowsee · Geltow - Es schickt sich wohl, dass eine Schule nicht einfach nur „Grundschule“ heißt. Die in Caputh hat sich Einstein gewählt, aber Geltow? Hier wird bereits seit Jahren um einen Namensspender gerungen. Das ändert sich jetzt. Am Mittwoch versammelten sich Schüler- und Lehrerschaft sowie Eltern und Gäste in der Turnhalle, um nach den Regeln von „Demokratie und Toleranz“ gemeinsam nachzudenken. Ihre „literarisch-künstlerisch-ästhetische“ Ausrichtung ist ja vielfach bewiesen, zudem verfügt sie sogar über eine Bibliothek, was ja auch nur jede fünfte Schule Deutschlands von sich behaupten kann.
Bibliothek? Lebte da nicht in Geltow ein berühmter Büchernarr mit einer Sammlung von 36 000 Exemplaren? Klar, es war Karl Hartwig Gregor Freiherr von Meusebach, ranghoher Richter in preußischen Diensten, bekannt mit den Grimms und Bettina von Arnim, selbst Volkslied- und Märchensammler, eine fröhlicher Kerl mit literarischen Ambitionen. Dort, wo heute die Kita ist, baute er sich sein „Bergschlösschen“, der Turm barg die Bücher, welche er alle gelesen hatte, viel Seltenes darunter, Unikate gar, die später in den Besitz der Königlichen Bibliothek eingingen. Er ist auf dem örtlichen Friedhof begraben. Über ihn erzählte man sich manche Schnurre, von „Klebebriefen“ und Licht hinter farbigen Vorhängen, von nächtlichen Einladungen. Einmal ließ er einen „Pisspott“ vergraben, nur um die Archäologen der Zukunft zu foppen. Sohn Ottfried stiftete nach seinem Ableben 1847 einen „Bücherpreis“ für alle, die an dessen Grabe Lieder sängen. Später ging dieser nach Texas, wo er einen weit beachteten Frieden mit den Komantschen machte und dafür sogar den Häuptlingstitel erhielt.
Mit 20 000 Bänden stand die Bibliothek des Schriftstellers Franz Fühmann (1922-1984) der Meuselbachschen zwar etwas nach, doch auch er liebte die Kinder. So sehr, dass er sie zu seinen Kunstrichtern machte. Er stammte aus dem Riesengebirge, schrieb viele Bücher für sie, schmiegte sich freilich sehr an die DDR-Oberen an, nach 1990 vergaß man ihn. Die Geltower Schüler entdeckten sein Werk im vergangenen Jahr bei einer Projektarbeit. Dies sind also die virtuellen Patrone für die „Taufe“ der Schule. Nun sollte die Auftaktveranstaltung jedem Gelegenheit geben, seine Meinung zu äußern. Tolle Stimmung, als sich zwei Buben auf einem himmlischen Hochsitz unter den Namen der Kandidaten miteinander befreundeten. Auch zwei Promis aus Berlin waren da, der Lyriker Uwe Kolbe und Doktor Lückoff, ein Literaturwissenschaftler, der sich gerade mit Meusebach (1781-1847) beschäftigt.
Viele Schüler meldeten sich zu Wort, die einen lobten Fühmann für seine kindsgerechten Geschichten, andere den Sammler, weil sein Name „witzig“ sei oder dessen Belesenheit so riesigen Eindruck machte. Liane: „Ich würde ihn einfach nehmen!“ Die Waage neigte sich zwar dem Adligen zu, aber die letzte Abstimmung findet erst zum Schuljahresschluss statt. Nach einer guten Stunde konnte man am Mittwoch schon einmal mit den Füßen entscheiden: Jede der Türen des Turnsaals war gezeichnet, eine mit einem „F“, die zweite mit „M“, die dritte mit einem Fragezeichen – für Unentschlossene. Schüler zählten emsig die Passanten. Der Freiherr lag auch hier etwas vorn, doch egal wie man später wählt, ein Gewinn ist diese Initiative auf jeden Fall, denn beide Kandidaten lösen ein, was in Geltow so wichtig ist: „Fröhlichkeit gehört in jede Schule!“.
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