Potsdam-Mittelmark: „Frustpartei“ als Anwort auf die Etablierten
Vom Eltern-Stammtisch zur Initiative „WIR in Kleinmachnow“
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Vom Eltern-Stammtisch zur Initiative „WIR in Kleinmachnow“ Von Kirsten Graulich Kleinmachnow. „Wir sind eigentlich noch im Meinungbildungssprozess", erklärt Kirsten Parmakerli für die Initiative der neuen Kleinmachnower Wählervereinigung „WIR“. Die Gruppe erarbeite zurzeit ihr Wahlprogramm, brauche also noch etwas Zeit für einen offiziellen Auftritt. Dass die eigene Website schon im Netz steht, überrascht daher einige Mitstreiter. Auch weil die offene Runde am Dienstagabend im Gasthaus Havel, zu der die Website Interessenten einlädt, gar nicht so offen gemeint war. Trotzdem will die WIR-Initiative keine Berührungsängste mit der Öffentlichkeit zeigen. Immerhin fordert sie selbst mehr Transparenz für die Gemeindepolitik. In kommunale Vorgänge habe sich bisher keiner von ihnen eingemischt, nur wenige besuchten bislang Sitzungen der Gemeindevertreter. Viel gebracht habe es aber nicht, meinen sie. Nur ihr Unmut sei gewachsen, weil wichtige Dinge meist hinter verschlossenen Türen ausgehandelt werden. Auch darüber diskutierten sie bisher am abendlichen Eltern-Stammtisch. Und statt immer nur unzufrieden festzustellen: „Man müsste mal ...", reifte der Entschluss: „Machen wir mal!". Keiner aus der Gruppe wolle jedoch Politiker werden, alle hätten Job und Familie, meint Alexander Fountis. Aber gerade aus dieser Perspektive haben sie erfahren müssen, wie ihre Interessen ignoriert würden. Die etablierten Parteien des Ortes werden dabei in Generalhaftung genommen. „Die von allen beklagte Entwicklung in Kleinmchnow ist kein Naturerreignis“, wird betont, „SPD, PDS, Lokalunion und die CDU haben in Zusammenarbeit mit Bürgermeister Blasig alle die Beschlüsse gefasst, die zu dieser Entwicklung geführt haben." „WIR in Kleinmachnow“ sieht sich daher als Alternative für all jene, bei denen das Frustrationspotenzial besonders hoch sei. Daher verstehe sich „WIR“ als „Frustpartei“ und will zum Urnengang im Oktober vor allem potenzielle Nichtwähler motivieren, die von den etablierten Parteien enttäuscht sind. Doch den meisten bewusst: Protest allein reicht nicht, wichtig sind auch Inhalte. Deshalb wollen sie sich auf zwei bis drei Sachthemen konzentrieren, zu denen Schule, Familie und Wohnen zählen. Zwar seien mittlerweile viele ihrer Forderungen wie ein dritter Grundschulstandort und ein weiteres Gymnasium in den Wahlprogrammen anderer Parteien zu finden, aber die hätten in dieser Hinsicht bisher nicht viel bewirkt. Auch die Haushaltspolitik der Kommune, bislang von den Gemeindevertretern mitgetragen, setzte nach Ansicht der WIR-Initiative falsche Prioritäten. Vermeintliches Indiz: Traditionsstätten wie das Schwimmbad und die Kammerspiele stehen zur Disposition, stattdessen fließt viel Geld in „Prestigeprojekte wie den Verwaltungspalast im neuen Ortszentrum“, wird auf einem Flugblatt angeprangert. Wichtiger wären hingegen ausreichende Kita-Plätze und Begegnungsstätten für Jugendliche, statt Horte sollten Ganztagsschulen angeboten werden. Für die Eigenherd-Schule sollte es ein Schulwegesicherungs-Konzept, das Schrittempo für Autofahrer im Schulbereich und die enge Straße Im Kamp als Einbahnstraße vorschreibt. „Der Bürger- und Elternwille hat bei uns oberste Priorität", verspricht die WIR-Initiative. Sollten die Wählerstimmen im Oktober ausreichen, um ein bis zwei Sitze in der Gemeindevertretung zu bekommen, wollen sie entschlossener handeln als die Vertreter der Grünen/Bündnis 90 und der Bürgerinitiative Kleinmachnow (BIK). Zu denen wird zwar eine gewisse Nähe gesehen, doch seien eine Menge guter Forderungen zu zaghaft artikuliert worden. Zudem erscheine ihnen das Image von BIK verstaubt und emotionslos, trotzdem sei eine Partnerschaft in Sachfragen nach der Wahl nicht ausgeschlossen, betonte Fountis. Auch wenn die WIR-Initiative ihre Außenseiterrolle nach einem erhofften Einzug in die Gemeindevertretung realistisch einschätzt, verspricht sie Veränderungen: „Selbstherrlichkeit, Filz und Bremsertum im Sinne des verwalteten'' Bürgers werden wir öffentlich machen und Alternativen entgegen setzen.“ Da wird viel Überzeugunsarbeit notwendig sein. Nachdrücklich wies Kirsten Parmakerli am Dienstagabend darauf hin: „Wir müssen erklären, warum wir Chancen haben, es besser zu machen".
Kirsten Graulich
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