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Potsdam-Mittelmark: Für den Gemüsezwerg wird es eng

Anbaufläche für Teltower Rübchen wird Bauland / Stadt auf der Suche nach Ausweichacker

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Teltow - Landwirt und Biobauer Axel Szilleweit ist perplex: Seit einigen Tagen wird der mediale Abgesang auf das Teltower Rübchen angestimmt. „Hilfe, das Teltower Rübchen wird zubetoniert“, klagte gestern etwa ein Berliner Boulevardblatt. Der einzige Anbauer der Teltower Rübchen staunt indes über den beschriebenen Untergang des Gemüsezwergs. „Mit mir hat noch keiner gesprochen“, sagt Szilleweit, der das Edelgemüse seit Anfang der 90er Jahre anbaut und in seiner Verkaufsstelle in der Ruhlsdorfer Straße anbietet.

Allerdings könnte es sein, dass der Anbau der Teltower Rübchen etwas eingeschränkt werden muss. Denn Szilleweit muss seine Pachtfläche an der Ruhlsdorfer Straße mit den Folienzelten und der Verkaufsstelle aufgeben. Die Design Bau AG forderte ihn Ende Dezember schriftlich auf, das Grundstück bis März zu räumen. Als Grund wurde der Bau der Ruhlsdorfer Straße benannt, der noch in diesem Jahr erfolgen solle. Daher werde die Fläche als Ablageplatz für Baumaterial und Maschinen gebraucht, erfuhr Szilleweit aus dem Schreiben.

„Dass wir hier nicht für die Ewigkeit bleiben können, war uns schon 1995 klar, als die Pläne fürs Mühlendorf bekannt wurden“, erzählt der Landwirt. Der damalige Bürgermeister Siegfried Kluge habe ihm versprochen, dass die Stadt helfen werde, eine Ausgleichsfläche zu organisieren, wenn es einmal soweit sei. Mit dem Kündigungsschreiben hat sich Szilleweit nun an die Stadt gewandt und um Unterstützung gebeten. Seither sei die Stadt auf der Suche nach Flächen, die möglichst nicht allzu weit vom bisherigen Standort entfernt sind.

Ohne neue Pachtfläche müssten die Folienzelte auf dem benachbarten Acker am Schenkendorfer Weg aufgestellt werden. Hier baut Szilleweit auf vier Hektar bislang das Teltower Rübchen an, was er dann einschränken müsste. Denn die Gurken und Tomaten, die Szilleweit in Folienzelten züchtet, sind die wichtigste Einnahmequelle seines kleinen Biohofes. „Allein mit dem Rübchenanbau könnten wir nicht überleben.“ Wird keine andere Fläche gefunden, hätten daher Tomaten und Gurken auf dem bisherigen Rübchenacker Vorrang. Doch noch hofft Szilleweit, dass es nicht soweit kommen wird.

Auch Teltows Wirtschaftsförderer Sören Kosanke ist optimistisch, dass Teltows berühmte Gaumenfreude auch noch künftig in aller Munde ist. Zumal das Teltower Rübchen erst geadelt wurde: Es wurde in die „Arche des guten Geschmacks“ aufgenommen – einer Liste der internationalen „Slow Food“-Organisation für Lebensmittel, die sich durch erstklassigen Geschmack auszeichnen, aber auch „existenziell gefährdet“ sind. Adel verpflichtet: Gegenwärtig prüft die Stadt mehrere alternative Standorte für den Rübchenanbau und führe Gespräche mit den jeweiligen Besitzern, sagte Wirtschaftsförderer Kosanke gegenüber den PNN.

Um die Verhandlungen nicht zu gefährden, wolle die Stadt sich nicht zu Einzelheiten der betroffenen Areale äußern. Nur soviel verriet Kosanke: „Wir haben auch Ruhlsdorfer Flächen im Auge.“ Außerdem will sich die Stadt für eine Fristverlängerung der Pacht des Landwirtes einsetzen. Denn so kurzfristig könne ein Landwirt eine Fläche nicht räumen, da er wesentlich langfristiger planen müsse, hält Wirtschaftsförderer Kosanke einen Termin gegen Ende des Jahres für besser geeignet. Das würde auch dem Landwirt helfen, der schon jetzt die ersten Pflanzensetzlinge in den Folienzelten zieht.

Das allerdings wird schwierig, denn die Design Bau AG braucht die Flächen schneller als erwartet. „Investoren und Bauherren stehen Schlange“, sagte Unternehmenschef Bernd Mattner gestern gegenüber den PNN. Die Strategie, Immobilien nach dem Motto „Kaufen oder mieten“ zu vermarkten, habe sich als Erfolg erwiesen, der Baufortschritt im einst zur Investruine abgestempelten Mühlendorf sei rasant. Der Rübchenacker liegt im unmittelbaren Bereich des dritten und vierten Bauabschnittes. Ihn länger für landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen, würde die Entwicklung der Baufelder gefährden, so Mattner. „Kein Investor kauft ein verpachtetes Grundstück.“ KiG/pek

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