Potsdam-Mittelmark: Gastronomische Landschaft im Umbruch
Drei Schließungen und ein Verkauf – in Glindow ist der Grieche bald die einzige Konstante
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Werder (Havel) - Die Glindower Gaststättenlandschaft befindet sich im freien Fall: Der „Grüne Baum“ an der Chausseestraße hat gerade dichtgemacht, für die Porta Helena endet im März der 20-jährige Pachtvertrag und das Deutsche Haus steht zum Verkauf: 590 000 Euro wollen die Inhaber für das Lokal haben, das schon vor über 100 Jahren als Landgasthof eröffnet wurde. Durch Treffen der rechtsextremen DVU hatte der Ruf nach der Wende gelitten. Die Sanierung vor fünf Jahren, die Veränderung der Eigentumsstruktur und der hauseigene Schießstand scheinen dem „Deutschen Haus“ nicht geholfen zu haben. Der Wirt knallt den Hörer auf, wenn die Presse am Apparat ist – auch beim zweiten Anruf.
Es scheint ein raues Klima in der Branche zu herrschen: Schon vor einem Jahr wurde auch die Gaststätte im Kunsthof geschlossen. Das Zusammenspiel zwischen Pächter und Inhaber habe nicht mehr funktioniert, wie es danach hieß. Aus dem Kunsthof soll eine Kita werden, das Diakonische Werk Potsdam will dafür nunmehr das komplette Haus kaufen und umbauen, wie Eigentümerin Gudrun Mader bestätigt. Die Kita Sternenzelt im Ort soll aufgegeben werden.
Die Zukunft der Porta Helena ist derweil völlig offen, wie Eigentümerin Waltraud Götze, zugleich Inhaberin eines Ingenieurbüros im Ort, auf Anfrage erklärt. Über die Gründe der Trennung vom Pächter Wolfgang Hotzel will sie nichts in der Zeitung lesen. Sie kann immerhin – entgegen anderslautender Gerüchte im Ort – versichern, dass sie die Anlage „auf jeden Fall“ behalten wird.
Gastronomen scheinen es schwer zu haben in dem Werderaner Ortsteil mit seinen knapp 4000 Einwohnern und einem regen Gästebetrieb in der Tourismussaison – oder tun sie sich selbst schwer? Vom griechischen Restaurant Calamaki in der Jahnstraße heißt es, dass es das einzig wirklich erfolgreiche im Dorf ist.
Inhaber Wasilius Stugiantsis führt das Lokal seit 1992. „Wir sind zufrieden. Dass wir ein gutes Preis-Leistungsverhältnis haben, wird von vielen Kunden bestätigt.“ Ein Erfolgsgeheimnis gebe es derweil nicht. Die Schließung von Gaststätten seiner Kollegen bedauert er und findet auch nicht, dass sie einen schlechten Job gemacht haben. „Alle hatten ihre Erfolge, das ist ein Verlust für Glindow. Und für jeden betroffenen Betreiber hängt da sehr sehr viel dran.“
Für Ortsvorsteher Siegmar Wilhelm (Freie Bürger) verbinden sich mit der Situation ganz andere Probleme: Den Glindowern gehen ihre Veranstaltungsorte für den Karneval, für Chorproben und -konzerte oder den jährlichen Kirschball zum Kirsch– und Ziegelfest verloren. Gerade das Ende der Porta Helena werde die Feierlandschaft verändern, fürchtet Wilhelm: Der Karnevalsverein verliert sein Partydomizil und steht im nächsten Jahr auch ohne Probenraum da.
In der Ortsbeiratssitzung am Mittwochabend ging es denn auch um die Frage, ob man sich nicht besser um ein eigenes Gemeindezentrum kümmern sollte? Denn auch für die wachsende Jugendarbeit des Job e.V. wird es im Pfarrhaus langsam eng. Ortsvorsteher Wilhelm sieht die Sache realistisch: „Wir sollten uns keine Illusionen machen, dass das ein Thema für die nahe Zukunft wird.“
Wilhelm würde sich ohnedies freuen, wenn auf einen Neubau verzichtet werden kann und sich noch eine Lösung „in den vorhandenen Gegebenheiten“ finden ließe. „Kennen Sie nicht noch einen guten Wirt?“, fragt er. Henry Klix
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