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Potsdam-Mittelmark: Gedrückte Stimmung bei Max Bahr
Nach dem Insolvenzantrag ist die Zukunft für den Teltower Baumarkt und seine gut 50 Mitarbeiter ungewiss
- Eva Schmid
- Hagen Ludwig
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Teltow - Am Freitagvormittag ist die Stimmung im Teltower Max-Bahr-Markt in der Oderstraße gedrückt. Die meisten Kunden wissen es schon – sie haben vom Insolvenzantrag der Baumarktkette bereits im Radio oder Fernsehen gehört. Hinweise darauf gibt es im Markt keine. Nur am Infoschalter klebt ein kleines laminiertes Blatt. Aus „insolvenzrechtlichen Gründen“ sei die Rückgabe von Waren oder das Einlösen von Gutscheinen nicht mehr möglich, steht dort. Die Mitarbeiter bedienen die Kunden wie an anderen Tagen auch. Doch es fällt ihnen an diesem Freitag schwer zu lächeln.
Wie es jetzt in der Teltower Filiale für die rund 50 Mitarbeiter weitergeht, wisse man nicht. Der Filialleiter verweist auf die Pressestelle. Er dürfe nichts sagen. Die Nachricht, die im Teltower Baumarkt wohl auch erst am Donnerstagabend bekannt wurde, hat auch bei ihm Spuren hinterlassen, er wirkt mitgenommen. Es sei tragisch, das rutscht ihm dann doch heraus.
Der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bedeutet nicht, dass morgen das Licht im Markt ausgeht, sagte die Leiterin der Max-Bahr-Pressestelle, Simone Naujoks, auf PNN-Anfrage. „Alle Märkte bleiben geöffnet.“ Aufgabe des vorläufigen Insolvenzverwalters werde es sein, das Geschäft zu stabilisieren und die Zahlung des Insolvenzgeldes für die Mitarbeiter zu organisieren. In seiner Hand liege es dann auch, wie es mit den Märkten in nächster Zeit weitergeht.
Die Tochtergesellschaft des insolventen Praktiker-Konzerns hatte am Donnerstagabend einen Antrag auf Planinsolvenz angekündigt, weil sich laut einem Unternehmenssprecher ein Warenkreditversicherer zurückgezogen habe und damit die Versorgung der Märkte nicht mehr gesichert sei.
Der Teltower Max-Bahr-Markt verfügt über eine Verkaufsfläche von 6000 Quadratmetern einschließlich Gartencenter. Im Jahr 1997 ist er als Praktiker-Markt an der Oderstraße eröffnet worden. Im November 2012 erfolgte die Umstellung zum Max-Bahr-Markt. Für alle 54 Märkte, die in den vergangenen Monaten von Praktiker auf Max Bahr umgeflaggt wurden, ist Christopher Seagon jetzt der vorläufige Insolvenzverwalter. Er übt diese Funktion auch bereits bei Praktiker aus.
Nicht wenige Kunden halten am Freitag schon gezielt nach Schnäppchen Ausschau. „Wir dachten, es gibt bereits Rabatt“, sagt die 28-jährige Jasmin Ucan enttäuscht, als sie aus dem Markt herauskommt. Sie ist gemeinsam mit ihrem Mann aus Berlin nach Teltow gefahren. Auch in der Max-Bahr-Filiale in Berlin-Niederschöneweide gab es noch keine Prozente. „Wir bauen gerade ein Haus, da sind wir natürlich auf der Suche nach Rabatten“, fügte sie hinzu. Auch ein junges Stahnsdorfer Paar kommt mit einem leeren Einkaufswagen aus dem Markt und steigt frustriert ins Auto. Nur Buchsbäume gibt es zurzeit zum halben Preis. Das steht auf einem roten Angebotsschild im Eingangbereich.
Die Niedrigpreis-Strategie und die Dichte an Baumärkten sind für einige Kunden ausschlaggebend, dass Baumärkte ins Straucheln geraten. „Hier steht doch ein Markt neben dem anderen, die Konkurrenz ist einfach zu groß“, sagt ein älterer Mann aus Zehlendorf. Die Märkte könnten nur bestehen, wenn sie ausreichend spezialisiert seien und viel Fachpersonal hätten, erklärt ein Landschaftsgärtner aus Berlin. Viele der Kunden erzählen, dass sie auch bei Obi in Steglitz-Zehlendorf oder Hornbach in Ludwigsfelde vorbeischauen.
Der Konkurrenzdruck hatte Anfang 2010 einer Obi-Filiale in Stahnsdorf das Aus gebracht. Im Sommer 2011 schlingerte dann der Toom-Baumarkt in der Teltower Oderstraße. Die Firmenleitung hatte bereits seine Schließung aus wirtschaftlichen Gründen angekündigt. Wenig später kam die Kehrtwende. Erfolgreiche Mietverhandlungen hätten die Toom-Geschäftsführung bewogen, die Teltower Filiale mit 30 Mitarbeitern doch zu halten, hieß es damals. Durch eine geringere Miete würden andere wirtschaftliche Zwänge nicht mehr so ins Gewicht fallen, erklärte damals ein Firmensprecher (PNN berichteten).
Auch für die Max-Bahr-Märkte besteht noch Hoffnung – Experten sind zuversichtlich. „Die Tochter ist die Marke in der Gruppe mit den größten Chancen“, sagt Niklas Reinecke vom Handeslsinformationsdienst Planet Retail. Möglich sei, dass Max Bahr mit seinem jetzigen Stamm von 132 Märkten überlebe. Doch die Ungewissheit bleibt. Viele Kunden haben am Freitagmorgen mit den Angestellten des Baumarktes Mitleid. „Es ist unmöglich und traurig, wie mit den Menschen umgegangen wird“, sagt der 74-jährige Gerhard Kowalski aus Kleinmachnow. Wenn Kunden noch Gutscheine einlösen wollen, zeigen die Angestellten auf den Zettel, auf dem das Wort Insolvenz deutlich hervortritt. Sie bitten um Verständnis. „Wir lassen Sie nicht im Regen stehen“, verspricht eine Werbetafel im Markt – es bleibt abzuwarten, ob das auch für die Max-Bahr-Mitarbeiter gilt. (mit dpa)
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