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Krystina von Niewiadomski-Kauffmann mit der Crew der Santa Maria Australis.

© privat

Von Gerold Paul: Geerbte Liebe zum Wind

Caputherin Krystina von Niewiadomski-Kauffmann fand am Ende der Welt: Auch Frauen sind Kap Hoorniers

Stand:

Schwielowsee - Wie in Werder kein Zugezogener von den Einheimischen sofort als einer der ihren akzeptiert wird, so kann in Caputh niemand Chef des Heimatvereins sein, der kein „echter“ Caputher ist. Deshalb, so meint Krystina von Niewiadomski-Kauffmann, habe sie auch nicht den Vorsitz des hiesigen Heimatvereins, obgleich sie das „Heimathaus“ höchst inspirativ zu dem machte, was es heute ist. Kaum jemand wird ihre Herkunft noch an ihrem Bromberger Akzent erkennen, für manchen Caputher kam sie vor zwölf Jahren mit ihrem Mann einfach aus der Koblenzer Ecke, baute ein schmuckes Haus. Dann die Witwenschaft.

Zwei Passionen teilt sie mit ihm, der schon mit 14 in Saarmund das lautlose Fliegen übte, bis heute, Segelflug und Segelboot. Er arbeitete ja selbst im Flugwesen, baute zum Beispiel Navigationsinstrumente. Die Professorin für Physiologie im Ruhestand ist inzwischen nicht nur kurz mal über die Alpen geschwebt, solche Inspiration brachte sie sogar bis nach Ultimo. Ihre erste Argentinienreise trat sie vor zwei Jahren ganz allein an. Sie wollte ans Ende der Welt.

Wie König Zufall ihr nun mehrfach im Leben geholfen hat, so traf sie März 07 in der südlichsten Stadt des Erdballs, in einer Bar von Ushuaia, zwei deutschsprechende Crewmitglieder des legendären Seglers „Santa Maria Australis“. Maat und Scipper luden sie „zum Vorzugspreis“ ein, mit ihnen Kap Hoorn zu umschiffen, was auch geschah. Ein Erinnerungsfoto zeigt sie glücklich am Ort, drei Besatzungsmitglieder im Rücken, Unterschrift: „Auch Frauen sind Kap-Hoorniers“, wer hätte das wohl bezweifelt.

Bevor sie dort die noch vage Inspiration für ihr drittes Abenteuer in spe empfing, erreichte sie der aviatische Geist ihres Mannes noch einmal. Er kannte ja die Creme de la Creme im Flugwesen, einen Klaus Ohlmann zum Beispiel, 1952 geboren, Zahnarzt und Segelflieger, der 2003 in den Anden einen Weltrekord im Streckensegelflug über 3000 Kilometer aufgestellt hatte. Er flog einen Motorsegler der Marke Stemme S 10, von Reiner Stemme in Strausberg gebaut.

Im März, noch rechtzeitig zur Saison, startete auch die „Neu-Caputherin“ in einem solchen Hightech-Flugzeug, sah die Schönheit der argentinischen Anden von oben, fliegende Kondore, sammetfarbene Felsen, verspürte den tückischen Wind, welcher „das beste Segelflugzeug der Welt“ jederzeit gegen eine Felswand schlagen konnte. Einige vor ihr sind dergestalt umgekommen, nun erwägt die Regierung, dieses Wagnis ( Tibet wäre eine Alternative, aber da flog noch keiner) abzuschaffen. Auf Fünftausend ging es schon mal hinauf, „die Kondore haben dort viele Wohnungen“. In Alejandro hatte die Mitfliegerin aber einen sicheren Piloten. Trotzdem: Ein „bisschen Todeskick“ sei schon dabei gewesen, mithin „das Bewusstsein, für dieses Abenteuer den höchsten Preis zu zahlen“. Südamerika hält die Weltläufige jedenfalls in Atem.

Aus Brasilien brachte sie die sensationelle Nachricht mit, dass man dort eine urständische Kulturtradition jenseits der internationalen Moderne aufbaue – und kam dann wieder auf ihren Mann zurück, der ihr ja „die Liebe zum Wind überließ“. In seiner Bibliothek fand sie Bücher des deutschen Marinefliegers und Abenteurers Gunther Plüschow. Der war nicht nur „Im Silberkondor über Feuerland“ geflogen, er hatte auch, wie jetzt sie, Kap Hoorn umsegelt! „Zufälle spielten in meinem Leben eben immer eine große Rolle.“

Unvergessen ihre Marie-Goslich-Ausstellung im letzten Jahr. Eine weitere wird derzeit vorbereitet, über Plüschow natürlich. Und eine Expedition ans Ende der Welt mit gleicher Spurenlage, denn dieser Mann ist in Argentinien eine nationale Größe: Gibt sie sich als Deutsche zu erkennen, sprudele es aus dortigen Kehlen sofort: „Plüschow! Mercedes!!“ ...

Reisen sind eben mehr als nur Abenteuer!

Gerold Paul

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