Potsdam-Mittelmark: Gefährliche Einschnitte
Neustart des Werderaner Reifenstecherprozesses. Der angeklagte Rentner schweigt
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Werder (Havel) – „Mein Mandant möchte nichts sagen“, erklärte die Verteidigerin des vermeintlichen Reifenstechers von Werder. Am Montag ging der Prozess gegen Albert A.* (72) vor dem Amtsgericht in die zweite Runde. Bereits Anfang Januar sollte sich der Rentner wegen versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verantworten. Da schwieg er auch. Zeugen waren nicht geladen. Die Verhandlung wurde vertagt.
Die Staatsanwalt beschuldigt den Mann mit der Perücke, zwischen dem 4. April 2008 und dem 22. Februar vorigen Jahres mindestens 20 Autoreifen an 15 Fahrzeugen auf Werders Insel zerstochen zu haben. Der Schaden wurde von der Polizei auf rund 4500 Euro geschätzt.
Jetzt geben sich die Geschädigten im Saal 21 des Justizzentrums die Klinke in die Hand. Alle hatten ihre Autos im Bereich der Fischer- und Michaelisstraße geparkt. Einige kennen den Angeklagten als Nachbarn, glaubten nicht, dass er ihnen ernsthaft schaden würde. So wie Bernhard B.* (52). Der Montageschlosser stieg am Morgen des 5. April 2008 in seinen Wagen, um Brötchen zu holen. Doch er kam nicht weit. „Ich hörte ein schlagendes Geräusch, stieg aus und sah, dass der hintere linke Reifen platt war. Ein Einstich war deutlich zu erkennen.“
Der Werderaner Martin M.* (27) war am 4. Dezember 2009 schon eine Weile unterwegs. „Ich wollte zu meiner Oma nach Glienicke. In einer Baustelle verlor ich die Gewalt über den Wagen. Zum Glück ist nichts passiert“, so der Student. Der hintere linke Reifen des Renault Clio war total platt. Nur fünf Tage später wurde der Student erneut Opfer des Reifenstechers. „Dieses Mal bemerkte ich den Schaden sofort und rief den ADAC. Als der gelbe Abschleppwagen kam, wurden die Nachbarn neugierig. Einige sagten, so etwas sei in der Vergangenheit schon öfter vorgekommen.“
Klaus K.* (49) zog im Jahr 2009 in die Michaelisstraße. Prompt traf es auch sein Auto. „Ich habe eine Anzeige im Wagen. Die gibt ein akustisches Signal, wenn ein Reifen Luft verliert“, berichtete der Angestellte. „So konnte ich rechtzeitig rechts ran fahren.“ Auf den ersten Blick habe er nichts Auffälliges festgestellt. Der Reifenhändler habe ihm dann einen kleinen Schnitt gezeigt.
Die Serie von Reifenzerstörungen hatte monatelang für Unruhe auf Werders Insel gesorgt. Die Polizei ermittelte mit Hochdruck. Als Albert A. unter Verdacht geriet, ordnete das Amtsgericht eine Hausdurchsuchung bei dem Rentner an. Die Beamten stellten einen Schraubendreher sicher, der als Tatwerkzeug infrage kommen könne.
Insgesamt vier Verhandlungstermine beraumte das Amtsgericht unter Vorsitz von Francois Eckard an. Zahlreiche Zeugen sind noch zu hören. Mit einem Urteil ist voraussichtlich am 14. April zu rechnen. (*Namen geändert.) Hoga
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