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Von Michael Klug: Gefährliche Exkremente

In Werder und Potsdam gehen Behörden streng gegen Verschmutzung von Straßen durch Pferdeäpfel vor

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Werder (Havel) - Hinter dem Kutschbock von Erich Fröder hat schon so mancher Prominenter Platz genommen. Louis Ferdinand von Preußen etwa, die Industriellenfamilie Siemens und auch der frühere Brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) ließen sich bereits auf dem Kremserwagen von Fröder durch Werder kutschieren. Doch diese Zeiten sind für Fröder sowie seine beiden Haflinger Paul und Paula offenbar vorbei. „Ich darf nicht mehr mit meinem Gespann durch Werder fahren“, sagt der Rentner und verweist auf eine Begegnung mit dem Ordnungsamt der Stadt.

„Ich war im Frühjahr gerade mit meinen Pferden am Üben im Stadtverkehr, da kam jemand vom Ordnungsamt und drohte mir 10 000 Euro Strafe an.“ Grund für die Drohung waren die Exkremente der beiden Haflinger. „Ich sollte die paar Äppel wegräumen oder eine hohe Strafe bezahlen“, erzählt Fröder. Seitdem glaubt der Landwirt aus dem Werderaner Ortsteil Glindow an Schikane und traut sich nicht mehr in die Stadt. „Die meinten, Motorradfahrer könnten auf meinen Pferdeäpfeln ausrutschen. In Wahrheit wollen die bloß nicht mehr meine Pferde sehen“, sagt Fröder.

Carola Heckendorf vom Ordnungsamt in Werder widerspricht dieser Darstellung vehement. „Der Herr darf sehr wohl die Stadt Werder mit den Pferden befahren. Lediglich die Exkremente muss er wegräumen.“ Schließlich gefährdeten die Pferdeäpfel in der Tat Verkehrsteilnehmer wie Motorrad- und Radfahrer. Außerdem beeinträchtigen die Abfälle das Stadtbild. Heckendorf verweist daher auf die geltende Rechtslage. Demnach sind Tierhalter auf öffentlichen Straßen verpflichtet, die Exkremente ihrer Tiere wegzuräumen. Das gelte nun mal auch für Fröder. „Wir sind schließlich auch bemüht, die Hundehalter unter Kontrolle zu halten“, sagt Heckendorf.

Dass sich die Ordnungsämter in den vergangenen Jahren jedoch verschärft um Pferdeäpfel kümmern, hat auch Christiane Sengebusch festgestellt. Sie betreibt eines der beiden Fuhrunternehmen in Potsdam, die Touristen in der Landeshauptstadt und der näheren Umgebung befördern dürfen. „Seit etwa 2003 sind das Ordnungsamt und das Tiefbauamt sehr streng geworden“, erzählt Sengebusch. Die Exkremente ihrer Pferde entsorgt sie seitdem lieber umgehend. „Wenn es passiert, halte ich an und nehme Besen und Schaufel.“ Der Pferdeabfall kommt anschließend in einen Kasten unter dem Kremser. Würde sie das nicht tun, wäre wohl ihre Kremsererlaubnis weg. „Die Räumung der Straße vom Pferdemist ist eine der Hauptauflagen für meine Lizenz“, sagt Sengebusch.

Ihre Kundschaft scheinen die Zwangspausen nicht zu stören. „Aufgeregt hat sich jedenfalls noch keiner. Und manche finden das sogar lustig“, erzählt Sengebusch. Beim Landestourismusverband hingegen ist man erstaunt, dass es eine solche Bestimmung für die Kutscher überhaupt gibt. Äußern will man sich zwar nicht zu dem Fall, hinter vorgehaltener Hand kann man die Auflagen angesichts der Zahl von gerade einmal zwei zugelassenen Kremsern in Potsdam nicht verstehen. Auch von früheren Beschwerden seitens der Touristen wegen verdreckter Straßen ist beim Verband nichts bekannt.

Landwirt Fröder, der seit 1988 neben Prominenten vor allem Heu und Pferdemist ausfährt, versteht hingegen längst die Welt nicht mehr. „Wenn man sieht, wie viel Schadstoffe Autos und Motorräder hinten rauspusten, ist das mit den Pferdeäppeln doch ein Witz“, lamentiert der eigenwillige Landwirt. Den behördlichen Auflagen wird er sich deshalb wohl auch nicht beugen. „Lieber fahr ich um Werder rum“, sagt Fröder. ddp/wh

Michael Klug

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