Aus dem GERICHTSSAAL: Gefährliche Seifenkiste
Vereinsvorstand zu Geldstrafen wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt
Stand:
Beelitz – „Es war hochriskant, so ein gefährliches Fahrzeug ohne Sicherung auf das Publikum loszulassen“, betonte Amtsrichter Thomas Lange am letzten Verhandlungstag um den schweren Unfall beim Beelitzer Seifenkistenrennen. (PNN berichteten.) Wegen fahrlässiger Körperverletzung wurden der Vorsitzende des Badewannenrennen-Vereins Helge S. (41) sowie sein Stellvertreter Jörg H. (42) zu Geldstrafen von je 1200 Euro verurteilt. Das Gericht ging damit über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus, die zwar von einer erheblichen Sorgfaltspflichtverletzung der Angeklagten sprach, allerdings nur Sanktionen von je 800 Euro gefordert hatte.
Der Anwalt der beim Rennen schwer verletzten Besucherin – sie trat als Nebenklägerin auf – rügte: „Die Angeklagten wollten dem Fahrer der Unglücks-Kiste die alleinige Schuld in die Schuhe schieben. Sie behaupteten, er habe die Fahrt nach dem offiziellen Ende des Rennens eigenmächtig unternommen.“ Dies sei durch die Beweisaufnahme widerlegt.
Rückblende: Es ist der 30. April 2006. Beelitz feiert sein Maibaumfest. Parallel dazu wetteifern Seifenkisten-Piloten und kleine Kinder auf ihren Bobbycars um die größten Weiten. Plötzlich gerät eine große Kiste ins Schlingern, kracht in die Zuschauer. Sie trifft Carina C.* (30) mit voller Wucht, kollidiert auch mit deren dreijähriger Tochter. Die junge Frau erleidet einen offenen Bruch des Schienbeins sowie einen Kreuzbandabriss, die kleine Clarissa einen Wadenbeinbruch.
Im Zentrum des mehrtägigen Prozesses stand die Frage: War die Rennstrecke ordnungsgemäß gesichert? Die Angeklagten beteuerten, auf jeder Seite der Piste drei Posten eingesetzt zu haben, damit die Zuschauer während der Veranstaltung nicht gefährdet werden. Die damaligen Ordner berichteten im Zeugenstand, nicht unbedingt als solche erkennbar gewesen zu sein, da sie keine Warnwesten oder andere markante Kleidung trugen. Nach dem offiziellen Rennende hätten sie ihren Standort verlassen.
Doch da genau passierte das Unglück, an dessen Folgen Carina C. noch heute laboriert. Offenbar hatte der Verein grünes Licht für Spaßfahrten gegeben, um die Zeit bis zur Siegerehrung zu überbrücken. Wer wollte, konnte nun die acht Meter lange Rampe heruntersausen. Laut Augenzeugen hatte der Fahrer der mit mehreren Kindern besetzen Seifenkiste bereits auf der Rampe Probleme, das Gefährt in der Spur zu halten.
„Voll besetzt wog die Kiste ungefähr 400 Kilo“, schätzte der zweite Fahrer des Unglücksfahrzeugs am letzten Verhandlungstag ein. „Sie ließ sich problemlos lenken. Eine Bremse gab es allerdings nicht. Man musste den Lenker nur festhalten und geradeaus hinunterfahren.“
„Die Schuld des Unglücksfahrers steht im Vordergrund“, argumentierte der Verteidiger von Jörg H. und forderte Freispruch. „Er hat auf Drängen drei bis vier Bier zugegeben, danach einen eklatanten Fahrfehler begangen.“ Das Gericht hielt entgegen, etwaige Fehler hätten in die Überlegungen des Veranstalters einfließen müssen. (*Namen geändert.) Hoga
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