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Potsdam-Mittelmark: Gegenwind für Teltows Hafen

Wenige Wochen vor dem ersten Spatenstich gibt es Streit um die Kosten des Großprojektes

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Teltow - Teltows Altstadt soll sich zum Wasser hin öffnen und mehr Touristen anlocken. Das ist die Idee hinter einem kommunalen Großprojekt, dessen Bau am 1. November beginnen soll. Dann nämlich soll am Teltowkanal der Aushub eines Hafenbeckens auf dem früheren Betonwerksgelände starten. Die Baugenehmigung ist da, eine Million Euro Fördermittel von Bund und Land sind zugesagt. Das Hafenbecken ist nur der erste Bauabschnitt für den neuen Stadthafen. Buntes maritimes Treiben soll es hier einmal geben, mit Bootsservice, Aussichtsterrassen und Gastronomie. Auf eine europaweite Ausschreibung für einen Hafenbetreiber haben sich mehrere Bewerber im Rathaus gemeldet. Doch jetzt, wo es richtig losgeht, laufen die kleinen Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung Sturm gegen das Projekt.

Sie fürchten eine Kostenexplosion und kritisieren, dass die Bürger über das millionenschwere Vorhaben nie richtig informiert wurden. Am Donnerstag luden Grüne, Linke und Piraten, Bürger für Bürger und Bürger für Teltow zu einer gemeinsamen Pressekonferenz ein. Beim Bürgerhaushalt, sagte der Grünen-Stadtverordnete Eberhard Adenstedt, sei ein Riesenaufwand getrieben worden, Zahlensuppen von Knorr wurden verteilt, um die Bürger zum Mitmachen zu animieren – ein großer Erfolg für die Stadt. „Ich hätte mir ähnlich Aktivitäten auch für den Stadthafen gewünscht.“

Stattdessen, wetterte Rolf Kasdorf (BiT), werde im stillen Kämmerlein projektiert, seien die Kosten völlig aus dem Ruder gelaufen. Statt 4,2 Millionen, wie es vor einem Jahr beim Grundsatzbeschluss für den Stadthafen hieß, werde er jetzt bald doppelt so teuer. Nicht eine Bürgerinformation habe es gegeben, kritisiert Reinhard Frank von den Linken, bei der den Teltowern die Pläne mal vorgestellt wurden. „Vielleicht hätten sie sich dann ja lieber für den Bau einer Schwimmhalle als für einen Hafen entschieden.“

Andreas Wolf (BfB) fürchtet gar, dass die Stadt das Projekt angesichts der Kostensteigerungen nicht aus eigener Kraft schultern können wird, sondern einen Kredit aufnehmen muss. Für den Fall sieht er die Gefahr, dass das Rathaus das Stadtsäckel mit der Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuern, Straßenausbaubeiträgen und Mieten wieder füllen wird. Der Hafen, prophezeien alle miteinander, wird ein Zuschussgeschäft für die Stadt, zumal von der wichtigsten Einnahmequelle, einer Halle als Winterlager für Jachten, aktuell gar nicht mehr die Rede sei.

Die kleinen Fraktionen hoffen, die Bürger wachzurütteln und die teils knappen Mehrheiten, die es zu dem Projekt in der Stadtverordnetenversammlung gibt, aufzubrechen. Bevor weitere finanzielle Risiken entstehen, sollte man das Projekt zusammenstutzen, wenn nicht ganz stoppen, wie es bei der Pressekonferenz hieß. Tatsächlich steht die Wirtschaftlichkeit des neuen Hafens auf tönernen Füßen: Die Hafenanlage mit 20 Gast- und 19 Dauerliegeplätzen wäre ein Zuschussgeschäft, wenn nicht auch das Winterlager gebaut wird, wie aus einer Wirtschaftlichkeitsberechnung vom Juni 2013 hervorgeht, die die Stadt mit dem Fördermittelantrag einreichen musste.

Darin wird für den kompletten Hafen inklusive Grunderwerb von knapp 6,9 Millionen Euro Gesamtkosten ausgegangen, etwa 1,4 Millionen müsste der neue Hafenbetreiber für das Winterlager übernehmen. Es wäre die wichtigste Einnahmequelle für den Betrieb. Denn während die Bootsliegeplätze jährlich nur etwa 40 000 Euro einspielen, womit sich die laufenden Kosten nicht decken lassen, würde das Winterlager 137 000 Euro einspielen und mit den Jahren für einen recht einträglichen Hafenbetrieb sorgen.

Teltows Baubeigeordnete Beate Rietz (SPD) räumte auf PNN-Anfrage, ein, dass die Kosten für das Projekt in den vergangenen Monaten gestiegen sind, verdoppelt hätten sie sich aber nicht. Mit dem Haushalt 2012 hätten die Stadtverordneten bis zum Jahr 2016 insgesamt 5,5 Millionen Euro für das Projekt bewilligt, davon 1,3 Millionen Grunderwerbskosten. Inzwischen sei man bei 6,8 Millionen Euro Kosten für die Stadt.

Hinzugekommen sei knapp eine Million Euro Zusatzkosten für die Altlastensanierung. Die Bodenbelastung auf dem Werksgelände habe sich erst nach einer Baugrunduntersuchung richtig gezeigt. Die Stadtverordneten hatten diese Mehrkosten schon mehrheitlich freigegeben. Die „Mülltrennung“ soll nach dem Aushub des Hafenbeckens, also im jetzt beginnenden Bauabschnitt, nach der Trocknung des Erdreichs vor Ort erfolgen.

Außerdem würden 300 000 Euro für die Hafenmeisterei mit Gaststätte hinzukommen, ein Stadtverordnetenbeschluss dazu steht aus. Ein Zweigeschosser – Hafenmeisterei im Erdgeschoss und Restaurant im Obergeschoss –, der anfangs vorgesehen war, werde für einen wirtschaftlichen Gaststättenbetrieb nicht reichen, so Rietz. Das habe man nach Gesprächen mit Gastronomieexperten verstanden: Ein Saal im dritten Geschoss werde dringend benötigt, damit es sich rechnet. „Außerdem haben sich die Stadtverordneten einen repräsentativen Bau gewünscht“, so Rietz. Statt der anvisierten 700 000 Euro werde der Rohbau eine Million kosten, den Ausbau soll der Gaststättenbetreiber bewerkstelligen.

Kredite habe man bislang für den Hafen nicht aufnehmen müssen, so Rietz. Für so ungewöhnlich hält sie es nicht, dass es teurer wird. Für ein solches Projekt gebe es prinzipiell „drei Sprünge“: Die erste Schätzung, die Kostenberechnung auf Grundlage der Planung und die Ausschreibung. „Ganz am Anfang werden nur Zahlen zusammenaddiert. Was es wirklich kostet, weiß man erst, wenn die Angebote der Firmen eintreffen.“

Rietz versichert auch, dass das Bootswinterlager kommt. Zwar gebe es aktuell tatsächlich nur die Ausführungsplanung für das Hafenbecken. „In der Ausschreibung für den Hafenbetrieb steht aber, dass eine Optionsfläche für ein Winterlager bereitsteht.“ Da es über die Startinvestition hinaus keine Betriebskostenzuschüsse für den Hafen geben werde, kann sich Rietz kaum vorstellen, dass der neue Hafenbetreiber sich diese Einnahme entgehen lassen wird. Der Bedarf an überdachten Bootslagern sei rund um Berlin riesig. Eine benötigte Fläche dafür, den jetzigen Mauerpark, hat sich die Stadt grundbuchlich als Pachtfläche gesichert.

Rietz betont, dass alle bisherigen Schritte von Beschlüssen der Stadtverordneten gedeckt sind. Das freilich wissen auch die kleinen Putsch-Fraktionen. Ein paar Zugeständnisse wird es vielleicht dennoch geben. Im Bebauungsplanverfahren habe sich zwar kein einziger Teltower zu Wort gemeldet, so Rietz. Dass jetzt trotzdem die Bürger einbezogen werden müssen, sehe man im Rathaus aber nicht anders. Und womöglich muss ja auch die noch recht neue Stadtverordnetenversammlung noch mal eine Zusammenfassung zum Stand der Dinge bekommen.

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