Potsdam-Mittelmark: Geheimsache Striewitzweg
Seit Jahren wollen Anwohner wissen, welche Funktion ihre Straße haben soll. Trotz intensiver Planung, gibt es keine Antwort
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Stahnsdorf - Vor ein paar Wochen stand Minister Reinhold Dellmann auf einem frisch asphaltierten Abschnitt des Autobahnsdreiecks Nuthetal – derzeit einer der größten Straßenbaustellen in Deutschland. Bei den sechsspurigen Dimensionen ist die 650 Meter lange Straße, die in Stahnsdorf geplant wird, nur ein kleiner Pfad. Stahnsdorf und Teltow wollen die Trasse – die Biomalzspange – in eigener Regie errichten, gleichwohl sie Fördermittel nicht ausschlagen würden. Es wird also nicht mal eine Landestraße sein, dennoch soll sich der Dellmann als oberster Verkehrsplaner der Mark mit dem Vorhaben beschäftigen. Die Umweltinitiative Stahnsdorf hat dem SPD-Politiker einen Brief geschrieben und ihn gebeten, die Sinnhaftigkeit der Trassenführung zu prüfen.
Die Biomalzspange ist eine bereits seit Jahren angestellte Idee, das Teltower Umfahrungssystem zur Entlastung der Stadt auch über die Ortsgrenze hinaus ins Nachbardorf zu führen. Die Teltower Ostspange gibt es schon, die Nordspange ist fast fertig. Dann soll es eine Bogenspange geben und in deren Anschluss die Biomalzspange. Diese war etwas in Vergessenheit geraten, doch seit es im TechnoTerrain Teltow die ernsthafte Absicht gibt, einen Kaufland-Markt zu errichten, stellte sich unweigerlich die Frage: Wohin mit dem Verkehr? Fortan stand die Biomalzspange wieder auf der Tagesordnung.
Natürlich hätte die Straße auch eine entlastende Wirkung für Stahnsdorf: Sie soll den Verkehr, den die neue L 77 von der groß angelegten L 40 nach Stahnsdorf ins Gewerbegebiet bringt, aufnehmen und am Rande des Ortes via Teltow auf das dortige Spangensystem und von dort weiter nach Berlin führen. Ebenso in umgekehrter Richtung. Das würde für spürbar weniger Verkehr auf der heutigen Stahnsdorfer Ortsdurchfahrt – dem Güterfelder Damm – sorgen. Auch am Stahnsdorfer Hof, einem neuralgischem Punkt des innerörtlichen Straßengeflechts, wäre etwas weniger Verkehr. Diese Wirkung der Biomalzspange stellt kaum jemand in Abrede.
Doch es sind vor allem zwei Dinge, die den Umweltverein das Straßenbauvorhaben seit Jahren kritisch hinterfragen lassen. Warum soll der Striewitzweg, eine sandige Straße, die bislang lediglich die Wohnsiedlung am Stahnsdorfer Ortsrand bedient, an die Biomalzspange angeschlossen werden? Die Frage ist so alt wie die ersten Planungsschritte: Seit mehr als einem Jahrzehnt fragen die Anwohner des Striewitzweges, welches Stellenwert ihre Straße künftig einmal haben soll – und warum. Antwort haben sie bis heute nicht. Es kann ihnen niemand schlüssig begründen, weshalb der Striewitzweg von einer löchrigen Sandpiste zu einer Sammelstraße ausgebaut werden soll, auf der sich Laster ohne Probleme begegnen können. „Ich kann den Sinn nicht erkennen“, schüttelt der bündnisgrüne Gemeindevertreter Gunnar Schilling den Kopf. Die meisten seiner Kollegen im Ortsparlament sind da offenbar mit mehr Weitsicht gesegnet: Sie empfahlen den Bau der Biomalzspange mit einem Abzweig in den Striewitzweg, so dass die Stadt Teltow als Trägerin des Vorhabens die Planungen vorantreiben kann. Der Vorsitzende des Bau- und Verkehrsausschusses, sollte erklären können, warum der Sandweg ausgebaut und Anschluss an ein weitgreifendes Spangensystem haben soll. Doch Dietmar Otto (SPD), ziert sich etwas: „Es ist ja lediglich die Option für eine Anbindung“, erklärt er gegenüber den PNN.
Wo keine Antworten sind, entsteht Raum für Spekulationen, was mit den bislang unberührten Striewitzwiesen entlang des Weges passieren soll, wenn man die Option für eine so große Straße offen hält. So orakelt man, dass weitaus mehr als 52 Wohneinheiten, die bisher genannt werden, auf den freien Flächen gebaut werden. Oder weiteres Gewerbe. Was auch immer das „Geheimnis“ ist – auf einem ausgebauten und an das überörtliche Straßennetz angebundenen Striewitzweg wird mehr Verkehr rollen als bisher. „Dagegen wehren wir uns“, versichert Silke Kuck-Schellhammer von der Umweltinitiative. Diese will einen Teil der zwölf Hektar, die bislang unberührt sind, kaufen, zu einem Park entwickeln und diesen auch unterhalten.
Der zweite Vorbehalt richtet sich gegen die bislang skizzierte Trassenführung der Biomalzspange. Sie soll in 250 Meter Entfernung parallel zu einer bereits vorhandenen Straße – der Iserstraße auf Teltower Gemarkung – gebaut werden. „Warum eine neue Straße bauen, wenn schon eine da ist?“, fragt sich Hans-Peter Möbius. Zumal der schlechte Baugrund unter den Striewitzwiesen „fürchterliche Baukosten“ verursachen wird. Teuer könnte es auch im Nachhinein werden. Denn die derzeit geplante Biomalzspange schneidet die S-Bahntrasse, die für eine Stahnsdorfer Anbindung ans Schienennetz seit vielen Jahren freigehalten wird. Sollte die S-Bahn tatsächlich kommen, müsste die Biomalzspange als Brücke über die Gleise gebaut werden. Diese Kosten würden indes entfallen, macht man einen Abschnitt der Iserstraße – der zudem dünn besiedelt ist – zur Biomalzspange. Diese würde dann auf den Liebig-Platz in Teltow führen, eine Kreuzung, die durchaus Potenzial hat, neu und attraktiv gestaltet zu werden, so Möbius.
Doch warum sollten sich die Teltower darüber Gedanken machen? Und warum sollten sie die Anwohner an der Iserstraße strapazieren, wenn die Stahnsdorfer Volksvertreter empfehlen, die Straße auf ihrer Gemarkung zu bauen? Vielleicht kann Verkehrsminister Dellmann helfen und Antwort geben.
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