Potsdam-Mittelmark: Geknickter Strohhalm
In der Teltower Jahnstraße sollte sozial Bedürftigen geholfen werden – jetzt stehen sie vor verschlossener Tür
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In der Teltower Jahnstraße sollte sozial Bedürftigen geholfen werden – jetzt stehen sie vor verschlossener Tür Von Peter Könnicke Teltow. Das Soziale Netzwerk, das in der Teltower Jahnstraße Bedürftigen Halt geben sollte, hat selbst eine unsichere Zukunft. Das Haus, das sich Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) als Domizil und Treff für Bedürftige wünschte, ist mehr und mehr zum sozialen Brennpunkt geworden. Alkohol ist der Zündstoff, der zunehmend zu Streit führe und die eigentliche Idee, Hilfsbedürftige zu unterstützen, in den Hintergrund rücken lässt. „Hier werden nur Personen gut betreut, die viel trinken“, beklagen sich immer mehr Betroffene. „Die Beschwerden haben sich massiv gehäuft,“ bestätigt Bürgermeister Schmidt. Inzwischen ist das Haus geschlossen. Drei Vereine zählen zum Sozialen Netzwerk: die „Helfenden Hände“, der „Ergo Konzept Förderverein“ und der „Strohhalm e.V.“. Letzterer erhielt eine Förderung durch das Arbeitsamt, dass zwei Personalstellen finanzierte. Die Förderung geht nun ohne Fortsetzung zu Ende. Die beiden Mitarbeiter sollten Ansprechpartner für Menschen sein, die mit ihren Problemen allein nicht mehr klar kommen. Sie sollten Ansprechpartner und Hilfe vermitteln und bei Behördengängen begleiten. Ehrenamtlich agieren die beiden anderen Vereine. Die „Helfende Hände“ organisierten jeden Samstag eine Essenausgabe. „250 Personen haben wir auf unserer Liste, bis zu 150 holen sich jeden Samstag Lebensmittel“, sagt Vereinschef Ullrich Dannowski. Dass gleichzeitig Alkohol verkauft wird, hätten sie zunehmend als Störung und Belästigung empfunden, schilderten indes mehrere Hilfesuchenden dem Bürgermeister. Tätlichkeiten gegenüber Frauen und Minderjährigen hätten zugenommen. Wer sich beschwerte, sei bei der Essenausgabe vernachlässigt oder überhaupt nicht mehr berücksichtigt worden. „Jeder, der auf negative Sachen aufmerksam macht, wird benachteiligt“, so die Klage. „Alles Quark“, wehrt Dannowski gegenüber den PNN ab. Natürlich gebe es unter der Klientel auch Alkoholabhängige. Aber ein übermäßiger Alkoholkonsum werde ebenso wenig gefördert, wie Belästigungen und Ausgrenzungen toleriert würden. Gleichwohl habe sich der Verein um eine gewerbliche Erlaubnis für Alkoholausschank bemüht. Schließlich müssten die Betriebskosten bezahlt werden, inzwischen gebe es offene Rechnungen über 1800 Euro. Doch die Stadt, Eigentümerin des Hauses, verweigert die Gewerbeerlaubnis, wenn sich die Einnahmen ausschließlich aus dem Verkauf von Alkohol rekrutieren. Von der Idee, in dem ehemaligen Sparkassen-Gebäude eine Betreuungs- und Begegnungsstätte einzurichten, ist gegenwärtig nicht viel übrig geblieben, muss Bürgermeister Schmidt einräumen. Allerdings hat man im Rathaus kaum ein Auge darauf gehabt, wie die Vorstellungen umgesetzt worden sind und was sich seit Ende 2002 an der Jahnstraße entwickelt hat. „Das wurde von uns nicht kontrolliert“, sagt Schmidt. Den Beschwerde und den Klagen billige er jedoch Wahrheitsgehalt zu. „Die Leute haben keinen Grund zu schwindeln.“ In einer gestrigen Runde mit Vertretern des mittelmärkischen Jugend- sowie des Sozialamtes wollte Schmidt über die Zukunft das Hauses beraten. „Primäres Ziel ist, bestimmte Angebote aufrecht zu erhalten“, erklärte Schmidt. Mit einem neuen Träger könnte das Haus wieder eröffnet. Die „Helfenden Hände“ und der „Ergo Verein“, dessen Ziel Schmidt nicht zu beschreiben wusste, verlassen die Jahnstraße. „Wenn ich nicht weiß, wie es weitergeht, mache ich die Bude dicht“, meint Dannowski mit wenig Bedauern. Denn so richtig habe sein Verein ohnenhin nicht in die Jahnstraße gewollt. „Wir wollten das Haus nicht,“ meint Dannowski. Die Lebensmittelausgabe werde nun auf einem Privatgrundstück an der Potsdamer Straße vis á vis des Stadthauses organisiert.
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