zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Gekündigt oder versetzt?

Mitarbeiter des früheren O 2-Callcenters in Teltow kämpfen gerichtlich um ihr Geld – bislang ohne Erfolg

Stand:

Teltow / Potsdam - Der Telefonanbieter O2 / Telefónica bleibt gegenüber seinen früheren Teltower Callcenter-Mitarbeitern hartleibig: Bei zwei der ersten Verhandlungen konnte am Mittwoch keine Einigung erzielt werden. Die im August gekündigten Mitarbeiter sehen sich um ihre sechsmonatige Kündigungsfrist betrogen. Geld haben sie nach der Entlassung nämlich nicht mehr bekommen. Jetzt sollen sich beide Parteien erneut um eine außergerichtliche Einigung bemühen. „Für einen Global Player wie O2 ist so ein Verhalten ziemlich bedenklich“, sagte einer der Kläger-Anwälte, Thomas Becker, in seinem Plädoyer.

Hintergrund ist der Verkauf des Standortes an die Bertelsmann-Tochter Arvato. Rund 120 der ehemaligen O 2-Angestellten kämpfen derzeit um ihr Geld. Seit der Kündigung von O2 wurde auch Kranken- und Sozialversicherung vom Arbeitgeber nicht mehr gezahlt. Schon Anfang Februar hatte O2 sein Teltower Callcenter an Arvato verkauft. Doch 171 von insgesamt 190 Mitarbeitern widersetzten sich der Übernahme, nachdem Arvato angekündigt hatte, die O2-Gehälter nur bis Ende des Jahres weiterzuzahlen. Anschließend würden sie „angepasst“. Niemand müsse jedoch fürchten, weniger als 50 Prozent seines bisherigen Gehalts zu bekommen, hieß es. „Das war den meisten von uns zu wenig“, erklärt Mirko Fandré, einer der Kläger gegen O 2.

Ein Sozialplan zum Ausgleich der finanziellen Nachteile der Callcenter-Mitarbeiter existiert derzeit noch nicht, bis Mitte November soll er vorliegen. Mit ihm könnten einige der Forderungen gedeckt werden, doch bis dahin will offenbar keine Seite Zugeständnisse machen. Bislang bietet O2 den Teltowern eine Abfindung von 400 Euro pro Betriebsjahr an.

Die Mitarbeiter waren im Februar vom Dienst freigestellt worden, die Löhne zahlte O2 vorerst weiter. Ende Juni bot der Konzern den Angestellten dann an, an den Callcenter-Standort in Hamburg zu wechseln – zum 1. August. Mit demselben Schreiben stellte O2 klar, dass alle, die dieses Angebot ablehnten, gekündigt würden. Schon im Vorfeld hatte ein O2-Sprecher erklärt, das Vorgehen des Unternehmens sei „mehr als fair“ gewesen.

Um die Rechtmäßigkeit dieser Änderungskündigung geht es nun auch in den Klagen von Mirko Fandré und seinen Mitstreitern. „Die spannende Frage ist, ob hier Kündigung oder Versetzung greifen“, so Richter Jan Leege. In seinen Augen liegen jedoch betriebsbedingte Gründe für eine Kündigung vor. O2 stehe es schließlich frei, den Teltower Callcenter-Standort zu verkaufen. In diesem Fall müsste O2 die Kündigungsfristen einhalten und die ausstehenden Löhne nachzahlen, interpretierte Anwalt Becker die Aussage.

Strittig blieb, ob die Versetzung an einen über 200 Kilometer entfernten Standort mit der Klausel im Vertrag legitimiert ist. „Was hätten wir denn mit 170 Mitarbeitern im luftleeren Raum anstellen sollen?“, fragte O2-Anwalt Martin Trienel. Mit dem Angebot, nach Hamburg zu wechseln, sieht Trienel daher alle Ansprüche an O2 abgegolten. Dass die Mitarbeiter diese Option ausgeschlagen haben, sei ihre freie Entscheidung gewesen, so Trienel.

Fandré und seine früheren Kollegen sehen das anders: „Die Frist für den Wechsel war sehr knapp.“ Innerhalb von vier Wochen sei es kaum schaffbar, eine neue Wohnung zu finden, vor allem mit Familien: Fandré etwa hat zwei kleine Kinder, seine Frau arbeitet in Wechselschicht. Richter Leege sah allerdings auch darin kein grundsätzliches Problem. Jetzt ruht das Verfahren, Fandré will erst einmal abwarten, was der Betriebsrat für den Sozialplan aushandelt. Bis dahin lebt er von seinem Ersparten und hofft, nicht krank zu werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })