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Potsdam-Mittelmark: Gelebter Glaube

Werders Pfarrer Immo Riebicke scheidet mit dem 29. August aus dem Kirchendienst aus

Stand:

Von Thomas Wendel

Werder (Havel) - Pfarrer geworden war er ohne den rechten Glauben. ,,Wenn Du nichts kriegst, studiere ein wenig Theologie“!, erinnert sich Immo Riebicke bei einem Kaffee an die Zeit vor über 40 Jahren. Alle anderen Studienwünsche waren ihm verwehrt geblieben, damals, ohne FDJ-Mitgliedschaft und nie als Junger Pionier aktiv. Nachdem er dann ,,den Glauben kennengelernt hat“ bei seiner ersten Pfarrstelle nahe Gransee, kam er über Bornim nach Werder. Zum Monatswechsel wird er in den Ruhestand verabschiedet.

Zwölf Jahre hat Riebicke in der Kirchengemeinde Werder (Havel) gewirkt. Rund ein Viertel der 14 000 Einwohner der Stadt sind Gemeindeglieder, das ist mehr als anderswo im Land. Für sie war er zuständig in Werder und Petzow: seelsorgerisch, natürlich, mit Bibelabenden oder Glaubenskursen. Auch im kulturellen Leben der Stadt, mit Kirchenkonzerten, hat er sich engagiert. Während er nachdenklich bilanziert, erzählt er von den Vierteljahres-Gesprächen im Kirchensprengel mit Persönlichkeiten wie dem Ministerpräsidenten oder dem Bischof, bei denen irgendwie nach einigen Runden der Publikumszuspruch geschwunden war. Das hat ihn nicht entmutigt: ,,Ich war da für alle Bürger in der Stadt.“

Für Gespräche war er immer offen. Der Glaube seiner Gesprächspartner war dabei nie entscheidend. Er wollte Kontakt haben zu den Menschen. Erfreut zeigt er sich, dass ihm auch Kontakt zu Jugendlichen gelungen war. Missionieren war ihm dabei fremd. Organisieren und Kommunizieren sagt er, das sind seine Stärken. ,,Aus dem Alter, jemanden vom Glauben zu überzeugen, bin ich raus“, betont er und fährt sich über den ergrauten Bart. ,,Ich versuche mich hinzustellen als ein Mensch, der den Glauben lebt.“

Gransee, Potsdam, Werder, Brandenburg (Havel): Stetig weiter havelabwärts hat Immo Riebicke seine Berufung gefunden. Während er Kontakte zur Diakonie in Potsdam weiterpflegt, findet er Zeit für Reflexion. Er hinterlasse die Kirchengemeinde in einem gutem Zustand. Da seien die vielen Menschen, die bereit sind, Kirchenarbeit mitzugestalten. Ihre Zahl habe sich über die Jahre verdoppelt. Die Finanzen seien solide. ,,Wir haben das Glück, dass wir mit eigenen Einnahmen manche Dinge der Gemeindearbeit bezahlen können.“ Zwei Mitarbeiter werden durch die Pachteinnamen finanziert.

Von Werder verlagert sich nun sein Lebensmittelpunkt nach Brandenburg (Havel). Während er hier aus dem aktiven Dienst ausscheidet, fängt er dort einen neuen Abschnitt an. Mit seiner Frau, die noch einige Jahre als Psychologin und Therapeutin arbeiten wird, ist er an den Stadtrand von Brandenburg gezogen. Er hat ein Studium für christliche Meditation begonnen und wird in beiden Städten Kurse anbieten. Eineinhalb Jahre Ausbildung hat er noch vor sich. Doch ZwölfStunden-Tage wie zuletzt sollen der Vergangenheit angehören.

Die Zukunft heißt neben Meditation und Glaube: mehr Zeit für Haus und Hof. Mehr Zeit fürs Bootfahren, mehr Muse für die Opern von Richard Wagner, die er gerne versunken über Kopfhörer hört und dazu ein Buch liest.

,,Vor einem Jahr habe ich erstmals ernsthaft über den Ruhestand nachgedacht“, reflektiert er. Mit 60 wollte er noch nicht, da hatte er noch zu viel Arbeit vor sich. Aber bis 65 wollte er dann doch nicht weitermachen. Ein Jahr lang, sagt Riebicke etwas wehmütig, habe er Abschied genommen. Letzten Herbst zum letzten Mal einen Erntedank-Gottesdienst gehalten, an Weihnachten letztmalig die Geburt Christi gefeiert. Sein Fazit nach 37 Jahren ist ein gutes: Er habe viele Menschen mobilisiert, Kontakt zu den Menschen gefunden. ,,Ich gehe mit einem gutem Gefühl, weil 37 Jahre Kirchendienst dahinter stecken.“

Während am Kaffeetisch die Sonne erscheint und er weiter in den Schatten rückt, ist auch Wehmut spürbar: ,,Die Prägung meines Arbeitslebens ist nicht mehr gegeben. Da ist auf einmal etwas nicht mehr da!“ Aber das Schöne ist: Das ganze Menschenleben umfasst dieser Beruf.

ZUR PERSON

Am 29. August wird Pfarrer Immo Riebecke in der Werderaner Heilig-Geist-Kirche in den Ruhestand verabschiedet. Mit 63 Jahren wird er nach 37 Jahren aus dem Kirchendienst ausscheiden. Begonnen hatte er 1973 in Tornow bei Gransee, danach folgte das Pfarramt Bornim (mit Golm und Grube) für ein Jahrzehnt. Seit 1998 hat er die ev. Kirchengemeinde in Werder betreut. Am 5. September, wird sein Nachfolger, Georg Thimme, ins Amt eingeführt. Er kommt aus Baruth, ist 42 Jahre alt und zieht mit Ehefrau und vier Kindern ins Pfarrhaus. Thimme wird nahezu 3500 Gemeindeglieder betreuen. Das ist gut ein Viertel der Einwohner Werders – womit die Stadt über dem regionalen Schnitt von etwa einem Fünftel gläubiger Einwohner liegt. twl

Thomas Wendel

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