Potsdam-Mittelmark: „Geltower in ihrem Stolz getroffen“
Bürgerbündnis verärgert über gestutzten Erholungsort-Titel / Ministerium konkretisiert Schadstoffwerte
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Schwielowsee - Enttäuschung über das Bewerbungsverfahren zum Erholungsort Schwielowsee: Der Bürgermeisterkandidat des Bürgerbündnis’ Schwielowsee, Roland Büchner, kritisierte gestern, dass der Titel nur an Caputh und Ferch, nicht aber an Geltow vergeben werden soll. „Der Fachbeirat des Wirtschaftsministeriums hatte schon vor anderthalb Jahren darauf hingewiesen, dass die Bundesstraße ein Hindernis für die Bewerbung Geltows als Erholungsort ist“, sagte Büchner gestern den PNN. Statt erstmal die Verkehrssteuerung zu verbessern, sei das Bewerbungsverfahren jedoch weitergelaufen. „Dass es den Titel am Ende nur für zwei Orte geben könnte, hat die Bürgermeisterin billigend in Kauf genommen. Statt drei trägt Kerstin Hoppe jetzt zwei Sterne am Revers.“ Der Zusammenhalt der Gemeinde werde dabei auf eine harte Probe gestellt, so Büchner.
Kritisch äußerte sich gestern auch Geltows Ortsvorsteher Heinz Ofcsarik (BBS). „Wir haben immer wieder appelliert, dass die Bewerbung eindeutig formuliert wird und der Titel für die ganze Gemeinde errungen werden soll“, so Ofcsarik. Durch die Ablehnung sei der Stolz der Geltower getroffen. „Das ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die das Gefühl haben, dass Geltow das letzte Rad am Wagen ist“, so Ofcsarik. Statt eines Schnellschusses hätte man das Bewerbungsverfahren so führen sollen, dass alle drei Orte vom Titel profitieren. „Traurig“ nannte Ofcsarik den Umstand, dass Krach und Abgase der Bundesstraße erst durch das Bewerbungsverfahren zum Thema wurden. „Dem Tourist will man die B1 nicht zumuten, aber für den Bürger, der jahrzehntelang hier leben muss, ist es kein Problem.“
Die Gemeinde hatte sich vor zwei Jahren um den Erholungsort-Titel beworben. Das Wirtschaftsministeriums hat letzte Woche entschieden, den Titel nur an Caputh und Ferch, nicht aber an Geltow zu vergeben. Die Ernennungsurkunde will Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) beim Fährfest am 31. Juli überreichen. Geltow wurde die Anerkennung wegen der „Verkehrsbelastung auf der B 1“ verweigert. Die Gemeinde kann den Antrag „um Geltow erweitern“, sobald sie nachgewiesen hat, dass die Lärm- und Schadstoffgrenzwerte eingehalten werden, wie es in einem Votum heißt. Das Rathaus will das mit einer Grünen Welle und Tempo 30 in der Nacht erreichen. Das Landes-Umweltministerium konkretisierte gestern, wie sich die Schadstoffwerte dabei ändern müssen.
Laut „Qualitätsstandards für die Prädikatisierung von Erholungsorten“ erfolge die Beurteilung der Luftschadstoffe vor allem für Stickstoffdioxid, Staub und Ruß, so Ministeriumssprecher Hans-Joachim Wersin-Sielaff. „Beurteilungsmaßstab ist ein Auslastungsgrad von 60 Prozent der gesetzlich festgelegten, maximal zulässigen Langzeitbelastung.“ Bei Feinstaub bedeute das 24 µg/m³, der zugehörige EU-Grenzwert beträgt 40 µg/m³. „Eine Überschreitung des 60-Prozent-Kriteriums ist aufgrund der Verkehrsbelastung an der B1 in Geltow derzeit wahrscheinlich“, so Wersin-Sielaff.
Grundlage für die Lärmbeurteilung sei das drei Jahre alte Strategiepapier zur Lärmaktionsplanung im Land Brandenburg. Darin wurden Prüfwerte für die Aufstellung eines Lärmaktionsplanes von 65 dB tags sowie 55 dB nachts aus den Erkenntnissen der WHO festgelegt. „Bei Überschreitung dieser Werte ist bei dauerhafter Exposition eine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht auszuschließen“, so Wersin-Sielaff. „Daran angelehnt wird die Lärmbelastung in Geltow längs der B1 mit Pegeln zwischen 66 bis 70 dB am Tag von 60 bis 64 dB in der Nacht als für einen künftigen Erholungsort als deutlich zu hoch eingeschätzt.“ Henry Klix
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