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Potsdam-Mittelmark: Gemeinsam gesund statt einsam und krank

Ärzte, Politiker und Berater diskutieren morgen über Mittelmarks medizinische Zukunft auf dem Lande

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Potsdam-Mittelmark - Erst kommt das Wehwehchen, dann die Fahrerei. Wer in Potsdam-Mittelmark krank wird, muss oft einen wahren Ärztemarathon hinlegen, sagt Ralf Scholz. Vom Hausarzt geht es zum Facharzt und nicht selten weiter ins Krankenhaus. Das ist Verschwendung, sagt der Gesundheitsberater. Doppelte Untersuchungen kosten dem Gesundheitswesen Geld und den Patienten sowie ihren Ärzten Zeit. In ländlichen Regionen, wo Wege weit und Mediziner rar sind, könne das nicht die Lösung sein.

Am morgigen Mittwoch diskutieren Mediziner, Politiker und Berater im Bad Belziger Technologie- und Gründerzentrum über die Zukunft der medizinischen Versorgung im Kreis. Wie können Mediziner zusammenarbeiten, um Ressourcen zu schonen? Eine Lösung könnte das Modell einer gemeinschaftlichen Gesundheitsversorgung sein – die Gründung sogenannter Ärzte-Netzwerke.

„Im ländlichen Raum schreit es danach“, sagte Scholz im Vorfeld der Veranstaltung den PNN. Eine Zusammenarbeit von Landärzten mit dem Kreiskrankenhaus in Bad Belzig würde sich für das Gesundheitssystem und im Bereich der Gesundheitsvorsorge auch für die Patienten bezahlt machen. Gesund bleiben statt krank werden, sagt Scholz.

Der 53-jährige Experte wird am Mittwoch einer von sechs Referenten auf dem Treffen sein, das ab 14 Uhr in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung, dem Kreis und der HGC-Gesundheitsconsult veranstaltet wird – der Beratungsfirma, für die Ökonom Scholz tätig ist. Mit der HGC hat er unter anderem die Fusion der Berliner Stadtkliniken zum Vivantes-Netzwerk begleitet. Nun ist seine Hilfe abseits der Großstadt gefragt.

Die medizinischen Herausforderungen in Mittelmark seien absehbar, sagt Scholz. Patienten werden älter, der Pflegebedarf steigt, abgelegene Gemeinden schrumpfen. Das macht die Arbeit für Ärzte auf dem Land unattraktiv. Will man das Problem lösen, muss sich das Gesundheitssystem ändern, sagt Scholz. Dazu müssten alle Beteiligten an einem Strang ziehen. In einem Netzwerk könnten Ärzte die Versorgung koordinieren und Ressourcen schonen – vorausgesetzt, sie werden von den Krankenkassen gestützt. Denn ohne die geht es nicht.

Soll sich das Netzwerk auszahlen, müssen die Ärzte auf die Vorsorge ihrer Patienten setzen, sagt Scholz. „Das macht das System insgesamt günstiger.“ Doch dafür müssten die Kassen zuerst ihr Bezahlsystem ändern. Denn Präventionsangebote seien für viele Mediziner aufgrund der Vergütungsregelungen finanziell unattraktiv. Mediziner verdienten mehr an einer Operation als an der Vorsorge, so Scholz. „Ärzte dürften für eine bessere Versorgung nicht bestraft, sondern müssen belohnt werden.“ Gefragt sei die Politik, sagt Scholz. Der Landkreis könnte ein Netzwerk initiieren und alle Beteiligten, auch die Kassen, an einen Tisch holen.

Aus Sicht der gesundheitspolitischen Sprecherin der Grünen im Kreistag, Elke Seidel, könnte das Bad Belziger Krankenhaus im Zentrum eines Netzwerkes stehen. Ärzte bis hin zu Pflegediensten, Beratungsstellen, Hebammen oder Apotheken könnten kooperieren, sagte sie den PNN.

Dass ein Umdenken im System möglich ist, hätten andere Ärzte-Netzwerke in Baden-Württemberg und auch in Südbrandenburg bewiesen, sagt auch Ralf Scholz. Am Mittwoch will er im Belziger Technologie- und Gründerzentrum in der Brücker Landstraße 22b diverse erfolgreiche Modelle vorstellen. Tobias Reichelt

14 bis 19 Uhr, die Veranstaltung ist als Fortbildung der Ärztekammer zertifiziert

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