
© Andreas Klaer
KulTOUR: „Gemeinschaft ist wichtig!“
Ann-Louise Schwieger präsentiert Arbeiten aus dreißig Jahren – die Vielfalt zeigt, was in ihr lebt und tobt
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Werder (Havel) - Wenn man, unter Künstlern oder Klosterbrüdern, einen literarischen Abend zum Thema „Bulgakows ,Meister und Margarita’“ organisiert und kurze Zeit später einen Anruf bekommt, doch mal vorbeizuschauen, es sei da ganz spontan etwas entstanden, oder wenn eben diese Anruferin irgendwann feststellt, sie hätte „noch niemals Schäfchen gemacht“ und es in einer sehenswerten Aquarell-Serie plötzlich tut, dann bekommt man peu-à-peu einen lebhaften Eindruck von einer Frau, die in ihrem Leben vieles hinter sich, in ihrer künstlerischen Entfaltung aber noch so einiges vor sich zu haben scheint.
Bilder über Bilder, im Erdgeschoss, und in der ersten Etage des Büro- und Gewerbezentrums der Werderschen Havel-Auen, begrüßen seit Mittwoch die Besucher der ersten Gesamt- und Überschau von Ann-Louise Schwieger, geborene Carlsson, Arbeiten aus etwa dreißig Jahren. Obwohl die gebürtige Schwedin inzwischen mit Grit Rademacher, Frank Weber und Günter Ihle zum frisch gegründeten Künstlerbund der „Galgenvögel“ gehört, war ihr Weg zum Schönen ein langer und kurzer zugleich.
Das Elternhaus in Göteborg gab ihr die Liebe zur Kunst als Mitgift, dann studierte sie die pädagogischen Grundlagen des „textilen Werkens“, heiratete aber einen Geschäftsmann aus Hamburg. Mit ihm bereiste sie die Welt, China zum Beispiel, Heimat der Seide. Einige Beispiele der Seidenmalerei findet man in der Exposition. Nach allerlei Tun, Kindererziehung, Ausstellungs- und Weiterbildungsarbeit gönnte sie sich 1998 eine zehnjährige „künstlerische Pause“, welche auch mit dem Umzug nach Werder verbunden war. Hier gründete sie zusammen mit ihrem Gatten eine Firma für Medizinbedarf, später „für Solar“, wie sie sagte. Die Malerei hat sie niemals verlassen, ihr Credo „Liebe zu Kunst, Sommer und Sonne“ prangt multicolor über dieser bildreichen Schau, es ist ihr Lebensanschauung und Tagesinhalt zugleich, und sie hofft, diese Haltung auch den Betrachtern und Käufern ihres Oeuvres mitgeben zu können.
Nun sahen ihre Arbeiten vor dreißig Jahren noch ganz anders aus. Sie waren flächiger, gröber. Manchen sieht man die Mühe der schöpfenden Hand an, um den gewünschten Ausdruck zu erzwingen, die Unsicherheit, den Bildraum zu gliedern. Sie macht ihn zum Farbraum, ohne mal „offene Stellen“ zu lassen. Faszinierend, wie die temperamentvolle Schwedin solch handwerkliche Schwächen auch „zugibt“. Bald aber entdeckt man gewachsene Souveränität, die sich bei ihren federleichten, mit Blei- oder Farbstift verstärkten Aquarellen sehr schön zeigt, in den Bildern zu einer schwedischen Segelregatta, oder in den spontanen Kommentaren zu Bulgakow.
Nicht alles ist gelungen, aber was jedermann sofort überrascht, ist die exzessive und dabei so unbekümmerte Art, sich auszudrücken, die infinite Vielfalt ihrer Themen und Techniken: Farblinolschnitte neuerdings, vorsichtige Versuche der Stilisierung zuvor, acryle Flächenbilder in verschiedenen Blautönen, das Meer auszudrücken, figürliche Sachen, recht blass, Gespachteltes – die Vielfalt zeigt, was da in Ann-Louise Schwieger alles lebt und wirkt und tobt: „Ich liebe die Farbe!“
In Werder findet ihre Arbeit wohltuende Bestätigung. Viele Menschen bedeuten ihr „viel Inspiration“. Sie braucht Gemeinschaft, und hieße die gar „Galgenvögel“! Und Hamburg? Dort fühlt sie sich durch ihre Bilder vertreten. Wer eines kauft und es anschaut – der denkt auch an sie. Ist doch ganz einfach, oder?
Bis zum 28. Februar in den Havelauen, Mielestraße 2, Aufgang B. Geöffnet Donnerstag bis Sonntag von 13 bis 18 Uhr.
Gerold Paul
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