Potsdam-Mittelmark: Gericht verurteilt Landkreis Nach GZG-Verkauf droht
Millionenschaden
Stand:
Potsdam-Mittelmark - Die Misere um die einstige insolvenzreife Kreisgesellschafft GZG macht den Landkreis Potsdam-Mittelmark erneut zu schaffen. In einem Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche hat das Landgericht Berlin jetzt den Landkreis zur Zahlung von 3,7 Millionen Euro an das Evangelische Diakonissenhaus Berlin-Teltow-Lehnin verurteilt. Dieses hatte Ende 2004 die finanziell angeschlagene Gesundheitszentrum-Verwaltungsgesellschaft (GZG) vom Landkreis gekauft. Zur GZG gehören unter anderem das Gesundheitszentrum Teltow und das einstige Seniorenheim im heute leer stehenden Schloss Güterfelde. Schon kurz nach Abschluss des Geschäftes – nach nachträglich erstellten Bilanzen für 2002 – beklagte das Diakonissenhaus, dass der Landkreis als Verkäufer der GZG wesentliche Details über den maroden Zustand des Unternehmens verschwiegen habe.
So beklagte das Diakonissenhaus unter anderem fehlerhafte Jahresabschlüsse, falsch bewertete Positionen, zu hoch dotierte Finanzlagen der insolvenzreifen Gesellschaft. Tochterfirmen der GZG seien teilweise überschuldet gewesen und hätten nicht die Ertragskraft besessen, die in den Bilanzen ausgewiesen waren. So sei der Zustand sowie die Kapazität des Güterfelder Pflegeheims vom Landkreis falsch bewertet worden, auch sei der Preis für den Kauf des Grundstücks überhöht gewesen. Eine vorgenommene und beim Verkauf zugrunde gelegte Kapitalerhöhung für die GZG durch den Landkreis sei in Wirklichkeit nie erbracht worden.
Der Landkreis hingegen ist der Meinung, gegenüber dem kaufbereiten Diakonissenhaus keine falschen Angaben gemacht zu haben, insbesondere habe er keine Risiken verschwiegen. Die Bilanzen seien in Ordnung und korrekt aufgestellt worden.
Die Richter am Berliner Landgericht sehen das anders. Das Gericht hat durch einen Sachverständigen ein Gutachten anfertigen lassen und betrachtet dadurch die Vorwürfe des Diakonissenhaus als bewiesen. In seiner Urteilsbegründung erklärt das Gericht unter anderem, dass „die Bilanzen fehlerhaft aufgestellt waren und deshalb ein fehlerhaftes Bild der wirtschaftlichen Lage des gekauften Unternehmens abgaben“. Dies erfolge „eindeutig aus dem Gutachten“, dessen Autor „eindringlich ausführte, welche Fehler bei der Bilanzerstellung vorlagen“. Weiterhin erklärt das Gericht, dass durch den vom Landkreis „erzeugten Zeitdruck“ hinsichtlich des Vertragsabschlusses, das Diakonissenhaus die Bilanz selbst nicht eingehend prüfen konnte. Die Richter billigen zudem dem Diakonissenhaus zu, dass dieses den Kauf nur auf Grundlage der vom Landkreis gemachten Erklärungen tätigen wollte und es fraglich sei, ob der Kauf bei vollständiger Kenntnis der vermeintlichen Fehler und Ungereimtheiten erfolgt wäre. Eine Mitschuld des Diakonissenhauses sei nicht ersichtlich. Daher verurteilte das Gericht den Landkreis zu einer Zahlung von insgesamt 3,7 Millionen Euro.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da der Landkreis Berufung einlegen will. Die dafür nötigen Kosten von fast 90 000 Euro hat Landrat Wolfgang Blasig gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Kreistages, Lothar Koch (beide SPD), in einer Eilentscheidung beschlossen. Der Kreisauschuss soll die Maßnahme nachträglich genehmigen. Nach Ansicht der Fachleute im Landratsamt lasse das Gericht eine nachvollziehbare und ausführliche Begründung vermissen, warum es von fehlerhaften Bilanzen und einem falschen Bild zur wirtschaftlichen Lage der GZG ausgehe. Zudem gebe es rechtliche Mängel, der Bilanz-Gutacher habe sich außerhalb seines Beurteilungsspielraums bewegt. Peter Könnicke
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