KulTOUR: Geschichte bis zum Brandenburger Tor
Das neue Lesebuch für Heimatbewusste zwischen Babelsberg und Teltow
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Region Teltow - Es ist noch gar nicht so lange her, als man Guido Zenkerts „Heimat-Magazin“ für das laufende Jahr in Händen hielt. Der Mahlower Verleger, ein Einmann-Betrieb, hat sich nun mit Bienenfleiß daran gemacht, die Ausgabe 2010 gleich vorauszureichen, schließlich steht auch für „Das Teltower Land“ ein Jubiläum ins Haus: Vor neunzig Jahren wurde „die Stadtgemeinde von Groß-Berlin“ gebildet, was das südliche Umland ganz direkt betraf. War die Stadt Anfang des 19. Jahrhunderts noch am Brandenburger Tor zugunsten des „Kreises Teltow“ zu Ende, so beschwerte sich der Teltower Landrat Adolf von Achenbach im März 1928 über das „scheinbar hemmungslose Ausdehnungsbedürfnis mancher Großstädte“. Schon vorher hatte es Bemühungen gegeben, diesen Moloch bis nach Trebbin hin auszudehnen.
Dieses reich illustrierte Paperback für alle Gemeinden zwischen Babelsberg und Teltow, Zehlendorf und Steglitz eingeschlossen, versteht sich wiederum als „Lesebuch“ für Heimatbewusste, egal ob man sich nun für Land und Leute oder für die Kultur-Geschichte vor Ort interessiert. Hamsterer-Geheimnisse von 1947 stehen neben der legendären Straßenbahnlinie 96 in Teltow, sogar der „Erlkönig von Zehlendorf“ gibt sich die Ehre. Dem umtriebigen „Verlags-Monopolisten“ steht wieder ein bewährter Autorenstamm zu Verfügung: Wer über das Naheliegenste schreibt, tut es mit Akribie und mit Herz, genauso wie der tausendfache Wanderer, Heimatforscher und Zeichner Wilhelm Reichner, welcher 1935 starb.
Der Chef von „Mein Verlag“, seit eh an Geschichte interessiert, hätte sich wohl den „Teltower-Land-Orden Erster Klasse“ verdient. Wer kennt denn noch Professor Heinrich Laehr, der einen gewissen Theodor Fontane, weil mutmaßlich an einer „peinlichen Infektion erkrankt“, in sein „Asyl Schweizerhof“ aufgenommen haben soll, um ihn dort „zu Tode zu pflegen“? Eine gewaltige Zeitungsente aus Zehlendorf, tatsächlich weilte er 1870 im Deutsch-Französischen Krieg. Der Schweizerhof galt als „Privat Heilanstalt für Nerven und psychisch Kranke weiblichen Geschlechts", woraus sich auch Elisabeth von Plotho erhebt, die reale „Effi Briest“, im 98. Jahr auf dem Stahnsdorfer Südwestfriedhof begraben.
Andere dieser gut meist geschriebenen Aufsätze befassen sich mit dem Stahnsdorfer Anteil (John Graudenz, Anni Krauss) am Leben und Sterben der „Roten Kapelle“, mit einem echten „Kleinmachnower Goldschatz“ oder dem Ausbau des Teltowkanals, was 1906 „ohne Ausländer“ nicht ging. Für Royalisten sind Beiträge über die Zehlendorfer Amme Friedrich II. und die schönen Kronprinzessin Cecilie dabei.
Staunenswert, was allein im Teltower Land so alles zu erforschen ist: „Stahnsdorf 1813 nach der Schlacht von Großbeeren“, Wissenswertes zum Kleinmachnower Ortswappen. Auch der Nicht-Potsdamer Bruno Bürgel ist präsent, denn bis zur „Gebietsreform“ vom 1. April 1939 war Babelsberg der erste und steuerträchtigste Industriestandort des Kreises Teltow. Der Kommentar zum Foto „Das Blankenfelder Herrenhaus um 1860. Heute befindet sich hier ein Reichelt-Verbrauchermarkt" beschreibt letztlich alles, was man zum Proporz von „Geschichte und Gegenwart" wissen kann und lernen muss.
Das Teltower Land. Ein Lesebuch, Heimat-Magazin 2010, Mein Verlag Mahlow, 140 Seiten
Gerold Paul
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