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Potsdam-Mittelmark: Geschichtskunde an offenen Gräben

Archäologische Untersuchungen im Vorfeld der Sanierung in Teltows Altstadt: Unbekannte Grabstätten, Häuser und Tonscherben

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Archäologische Untersuchungen im Vorfeld der Sanierung in Teltows Altstadt: Unbekannte Grabstätten, Häuser und Tonscherben Teltow. Die Zeit hinterlässt Spuren in der Teltower Erde: rote, schwarze, bräunliche und graue Schichten liegen in unterschiedlicher Konsistenz aufeinander und Archäologen können darin lesen wie in einem Buch. Ein bisschen mitlesen durften am Sonntag Besucher, die am Tag des offenen Denkmals in die Kuppelmayrsche Siedlung kamen. Rote und schwarze Schichten im oberen Teil deuten auf den Stadtbrand von 1801. Etwa einen halben Meter unter der Erde wird eine alte Hofpflasterung sichtbar. Als Siedlungspunkt ist die Mitte der Altstadt schon längere Zeit bekannt und so war klar, dass vor der Sanierung des historischen Gebäudeensembles archäologische Befundaufnahmen durchgeführt werden. Zwar rechnete niemand mit solch spektakulären Funden wie dem mittelalterlichen Spielzeugpferd, das beim Straßenausbau in der Altstadt gefunden wurde, aber durchaus mit Erkenntnissen zur Stadtgeschichte. „Deshalb waren wir überrascht, als wir in einem der drei Suchgräben auf dem Hof ein Skelett fanden", berichtet complan-Projektleiter Eckehard Hasler. Die gestreckte Rückenlage der Gebeine in Ost-West-Orientierung lasse auf ein christliches Begräbnis schließen. Becken und Bein weisen in Richtung Marktplatz, ebenso ist ein Teil des Schädels erkennbar. Doch, wo eigentlich Brustkorb und Kiefer liegen müssten, wurde innerhalb der letzten 100 Jahre ein Wasserrohr verlegt. So wurden nur die übrigen Teile gefunden. Ob es sich beim Skelettfund, um eine Frau oder einen Mann handelt, könnten erst wissenschaftliche Analysen ergeben, erklärte Hasler. Solche Untersuchungen würden Informationen über frühere Lebensumstände enthüllen. Bei den Grabungen wurden auch Tonscherben aus der Bronzezeit gefunden. Sichtbar sind auf den Scherben eingeritzte Schmucklinien. In einem anderen Graben wurde Fundamentreste eines Pferdestalles entdeckt. Vermutet wird, dass es sich hierbei um den Gästestall handelt, der längs zur heutigen Ritterstraße stand. Als Jacob Grunenthal 1761 sein Erbe antrat, gehörten neben Stall und Brauhaus auch ein Wohnhaus dazu, das gleichzeitig Gasthof war. Es bestand aus Küche, vier Stuben und vier Kammern. Seinem Vater Andreas Grunenthal wurde 1728 gestattet, auf „wüster Stelle" ein Ordonnanzhaus zu errichten. Aufgrund eines Edictes von 1717 entstanden vielerorts in Preußen ordonnanzmäßige Quartiere, um den Soldaten von König Wilhelm I. stets Unterkünfte zu garantieren. Denn Kasernen mussten für die viertstärkste Armee Europas erst gebaut werden. Die gesamte Vorderfront des Ordonnanzgebäudes war zum Marktplatz hin mit Mauersteinen ausgefacht. Die übrigen Wände bestanden aus Fachwerk, das mit Lehm verfüllt war. Auch das Wohnhaus war ein Holzfachwerkhaus. Diese Fachwerkzeit belegen bei den aktuellen Grabungen auch rotbräunliche Erdschichten, die Spuren von Holz und Lehm. 1795 wurde der Fachwerkbau durch einen Neubau aus Ziegelsteinen ersetzt, der jedoch dem Brand von 1801 zum Opfer fiel. Kurze Zeit später aber an gleicher Stelle wieder aufgebaut wurde. Vermutlich stamme aber noch der Keller aus der Zeit des Fachwerkbaues, erläuterte Eckehard Hasler beim Gang durch die unteren Gewölbe. Der Keller sei ein Einbalkenkeller, also ohne weitere Zwischenlagen. Mit der Taschenlampe beleuchtete Hasler die Umrisse einer zugemauerten Tür, die in früheren Zeiten auf den Marktplatz führte und wahrscheinlich links und rechts mit Stufen versehen war, die auf den Platz führten. Nach den aktuellen Sanierungsentwürfen soll nach der Sanierung gleichfalls eine Treppenanlage an dieser Stelle zur künftigen Gaststätte hinaufführen. Nach neueren Recherchen des Heimatforschers Frank Seider wurde offenbar, dass bereits ein halbes Jahr nach dem Erlass des Edictes von 1717 der Bürger Georg Kickebusch das Privileg erhielt in Teltow ein Ordonnanzhaus zu führen. Allerdings ist aus den Akten nicht ersichtlich, wo sich das Gebäude befand. Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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