Potsdam-Mittelmark: Geschmackvolle Lektion
Die Köche der Bäkemühle demonstrierten im Kinderdorf Kienwerder ihr Können
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Stahnsdorf - Viele Köche verderben den Brei, warnt ein Sprichwort. Den Gegenbeweis traten am Freitagnachmittag zwei Profiköche, ein Koch-Azubi und 15 Kinder und Jugendliche aus dem Kinderdorf Kienwerder an. Ihr Fazit nach zwei Stunden: Gemeinsames Kochen sorgt nicht nur für interessante Gespräche, sondern auch dafür, dass das Essen hinterher ein noch größerer Genuss ist.
Die Idee dazu hatte Azubi Paul Müller, der einst selbst im Kinderdorf lebte und seit zwei Jahren in der Kleinmachnower „Bäkemühle“ ausgebildet wird. Das Restaurant am Machnower See haben Spitzenköche wie Ronny Pietzner und Hendrik Schmidtsdorf längst zu einer kulinarischen Top-Adresse gemacht. Alle drei zeigten den Kindern und Jugendlichen, wie frische Zutaten kreativ und spannend kombiniert werden können. Zuvor gab es aber erst einmal eine Lektion zum Thema Messer. „Beim Schneiden müsst ihr die Klinge immer weghalten, also an den Fingerkuppen vorbeiführen“, demonstrierte Ronny Pietzner, wie man Messer im Griff haben muss, um sich nicht zu verletzen. Da staunten auch einige der umstehenden Erzieher, wie schnell und virtuos ein Messer in Profihänden eine Gurke in gleichmäßige Stifte schnitzelte.
Das Schwitzen von Zwiebeln dagegen beherrschen die beiden 16-jährigen Jaqueline und Micheille bereits. Denn auch im Kinderdorf wird am Wochenende immer gemeinsam gekocht. Nur das Zwiebel schneiden, ist nicht sonderlich beliebt, weil es stets zu Tränen rührt. Schuld daran sind die ätherischen Öle, erklärte Hendrik Schmidtsdorf, weshalb eine scharfe Messerklinge am besten vorbeuge. „Je so schärfer das Messer, desto weniger Substanzen werden freigesetzt“, lautet sein Rat. Für die Tomatensuppe, die als erster Gang auf dem Menüplan stand, mussten eine Menge Tomaten geschnippelt werden. Die jüngsten Hobbyköche waren eifrig dabei, und weil jeder auch mal Äpfel ausstechen oder Marzipan mit Mandeln und Rosinen kneten wollte, wechselten sie sich ab. Mit der Marzipanmasse wurden Bratäpfel gefüllt, der letzte Gang des dreigängigen Menüs. Die Größeren hantierten derweil am Herd und rührten fleißig im Topf. Zu den glasigen Zwiebeln wurde Tomatenmark gegeben, der herben Note wegen. Hinzu kamen noch Tomatenstücke, Gemüsebrühe nebst Sahne und natürlich Salz, Pfeffer und Kräuter. Später wurde alles püriert, aber weil zur hohen Suppenkunst auch einige Bissstücke gehören, haben sich die Profis etwas Besonderes einfallen lassen: karamellisierte Trauben wurden kurz vor dem Servieren in der Tellermitte platziert – nicht nur ein schöner Farbtupfer, sondern auch eine sehr fruchtige Komponente.
Solche Profitipps gab es an diesem Nachmittag jede Menge wie beispielsweise die Hähnchenbrustfüllung aus Mozarella, Selleriegrün und Tomatenstücken. Auch das Risotto mit Pilzen war eine leckere Alternative zu den heißgeliebten Nudeln. Für die Erzieher war interessant, die unterschiedlichen Temperamente ihrer Schützlinge im Team beobachten zu können. So eine harmonische Stimmung ist in vielen Familien die Ausnahme, denn bei den meisten driftet es immer mehr auseinander, wenn Kinder in die Pupertät kommen, weiß Hermann Borreck, der Koordinator des Kinderdorfes. „Es gibt zunehmend die Tendenz, dass sich Erwachsenen in ihrer Welt von Kindern gestört fühlen". In Kienwerder werden 50 Kinder, die aus schwierigen familären Verhältnissen kommen, betreut. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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