Potsdam-Mittelmark: Geschuftet wie die Trümmerfrauen
Nach drei Jahren harter Arbeit eröffnete Familie Steinhardt das Café „Barock“ am Caputher Schlosspark
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Schwielowsee - Drei Jahre lang gab es weder Feierabend geschweige denn Urlaub für Axel und Birgit Steinhardt. In der Freizeit wurde gebuddelt, gemauert, installiert und gemalert. Familie und Freunde halfen mit, damit aus einer Ruine ein schmuckes Café mit Ferienwohnung entstehen konnte. Zunächst sah es gar nicht danach aus. Das Haus neben dem Park des Schlosses Caputh war nach einem Streit zwischen zwei Brüdern geteilt worden. Anschließend erhielt der linke Hausteil rückwärtig „entstellende Anbauten“, wie die Denkmalpflege 1992 feststellte. Daher wurde nur die rechte, direkt an den Schlosspark grenzende Hälfte unter Denkmalschutz gestellt. In der Begründung heißt es: „Das Haus lässt sich mit den Bauten der Stadterweiterung unter König Friedrich I. vergleichen. Der an einer für den Ort wichtigen Stelle stehende Bau lässt sich nur durch seine ehemalige Zugehörigkeit zum Schlossbereich erklären.“
Doch danach ging der Verfall noch 15 Jahre weiter. Keiner wollte etwas mit dem halben, völlig kaputten Haus anfangen. Bis Birgit Steinhardt eines Tages zu ihrem Mann Axel sagte. „Du, schau dir an, ob du das bautechnisch hinkriegst, und ich sage dir, was wir daraus machen.“ Schon lange träumte die Mitarbeiterin im Potsdamer Haus der Begegnung, die „Facharbeiter für Werbung und Gestaltung“ gelernt hat, von einem eigenen kleinen Café. „Selbstständigsein ist doch etwas anderes als malochen zu gehen“ stimmt ihr Mann Axel, 47, gelernter Sanitärinstallateur zu. Für den gemeinsamen Traum gab er seinen Vollzeitjob auf und widmete sich mit ganzer Kraft seiner Lieblingsbeschäftigung. Schon immer hatte er viel in Haus und Garten gewerkelt. Nach dem Erwerb im Dezember 2004 und der Planung mit dem Potsdamer Architekten Eric van Geisten vergingen zehn Monate bis die Baugenehmigung kam. Zahlreiche Gutachten mussten eingeholt, viele Auflagen erfüllt werden. Dann konnte es richtig losgehen. Zuerst mussten verfallene Gewächshäuser, meterhohe Schuttberge und Wildwuchs von 15 Jahren entfernt werden. „Wir waren wie die Tümmerfrauen“, erinnert sich die 46-jährige Brigit Steinhardt, die auch mit Freunden Steine sammelte, um das Haus im alten Stil zu restaurieren. Aus 3000 historischen Glindower Ziegeln mauerte Axel Steinhardt den Schornstein wieder auf. Besonders kuriose, krumme Exemplare platzierte er gern an sichtbare Stellen. Beim Abdecken des Daches fanden sich 250 Jahre alte, neun Meter lange Balken, richtige Bäume. So viel wie möglich blieb davon erhalten, auch Originalteile des schönen Traufgesimses. Vieles, was noch brauchbar, alt und schön genug war, fand seinen Weg ins Haus. Als besonderen Clou mauerte Axel Steinhardt im Garten einen Backofen, selbstverständlich mit gebrauchten Steinen und Ziegeln. Weil er so uralt aussieht, fragte eine Besucherin bereits, ob darin immer noch gebacken werde. Sammeln soll ja eine typisch weibliche Eigenschaft sein. Zumindest für Birgit Steinhardt trifft das zu. Sie fand unter anderem eine historische Ofentür im Internet und ihre Sammlung von Kaffeekannen und Kaffeemühlen bildet das I-Tüpfelchen der durchaus nicht überladenen Einrichtung des Cafés. Dass viele ausrangierte Sachen noch etwas nützen können, zeigte sich bei der Instandsetzung immer wieder. Selbst der alte DDR-Zaun, der das Grundstück vom Schlosspark trennte, fand einen Abnehmer. Ein Pferdehalter wollte ihn für seine Koppel haben und legte gleich mit Hand an beim Ausgraben der eisenharten Betonstelen. So ist aus der einstigen Ruine ein Schmuckstück geworden. „Der eine hätte es ohne den anderen nicht geschafft“, sagt Birgit Steinhardt. „Sie hat den richtigen Mann gefunden“, antwortet Axel Steinhardt zufrieden.
Café „Barock“, Straße der Einheit 4, Caputh, dienstags bis freitags ab 11 Uhr, am Wochenende ab 10 Uhr
Babette Kaiserkern
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