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KulTOUR: Giebich sei Dank

Buch, Malerei, Zeichnung und Textil in der Galerie Töplitz

Stand:

Werder (Havel) - Zwerg Giebich war lange Zeit Herr auf dem Giebichenstein, König der kunstreichen Zwerge. Ob er da immer noch lebt, weiß keiner genau, sein Geist freilich hat die Höhe bei der Salinenstadt Halle wohl nie verlassen. Immer auf der Suche nach Neuem und Interessantem, ist auch die Kustorin des Töplitzer Kunstvereins Havel-Land-Art, Marianne Kreutzberger, wieder einmal an dieser Stätte fündig geworden. Die erste Ausstellung 2012 in der Galerie Töplitz präsentiert gleich vier ihrer Glieder, verschiedener Herkunft und Alters, auch unterschiedlichen Status’.

Was sich da in den Genres Weben und Zeichnen, Drucken und Malen vorstellt, will natürlich nicht repräsentativ für die Kunsthochschule sein, einen Einblick ins tägliche oder nicht so alltägliche Schaffen der Jünger Giebichs gibt die Verkaufsausstellung schon. Der erste Eindruck im unverputztem Galerie-Geviert gleich neben der Dorfkirche ist eher ein sachlicher, zumal die ausgewählten Arbeiten auch nicht gerade aus den flammendsten Farbtöpfen der Künstler stammen. Schwarz-Weiß und ungezählte Grautöne geben hier die Stimmung vor, mitten im Butterblumen-Monat. Ein paar textile Hintergrund-Abdeckungen würden wirklich wahre Wunder wirken.

Doch sei es, zu sehen und zu lernen gibt es auch diesmal eine ganze Menge. Gut geschützt von einer Glasvitrine stellt die Buchgestalterin Anna Helm einige sehr kunstvoll erdachten Arbeiten vor, die inhaltlich von Dylan Thomas, Ingeborg Bachmann oder dem Minnesänger Oswald von Wolkenstein handeln, formal aber mit ganz unterschiedlichen Methoden – vom Handdruck bis zur Digitaltechnik – gemacht worden sind. Ein fünftes liegt auf dem Tisch nur zum Zeigen bereit – so kostbar scheint es zu sein.

Was Anna Maria Gawronski da als Jüngste ausstellt, macht zuerst einmal einen unscharfen Eindruck. Die fünf großformatigen Webereien zeigen anscheinend einen Wald mit dem Herrn Reineke en face. Es handelt sich um digital vorbereitete Hand-Jacquard-Webereien, deren Titel wie „Fox 7D“ oder andere auf den Clou dieser Arbeiten verweisen: Mit einer 3D-Brille (wird geliehen) sieht man, dass so ein Webstuhl, Giebich sei Dank, auch Dreidimensionales hervorzaubern kann. Das Füchslein ist allerdings nicht ganz echt, aber das muss ja keiner erfahren!

Dirk Neumann vertritt die mittlere Generation als exzellenter Grafiker. Mit Kohle, Kreide und Bleistift gibt er die von Menschhand berührte und dann wieder verlassene Landschaft rund um Halle wieder. Ob nun am Fluss oder bei einem verlassenen Neubau, seine seriell zusammengestellten Bilder sind in der Anlage streng, von fast fotografischer Genauigkeit, kühl in der Wirkung. Trotzdem und deshalb sollte er „Prinz der Grautöne“ heißen – was seine Bleistiftzeichnungen mit ihrem raffinierten Fragment-Charakter bestätigen können.

Geist ist da viel, Feuer nur wenig. Nicht zuletzt der Senior und professorale Lehrer auf Giebich, Ulrich Klieber. Mit „In Murnau“ stellt er eine lange Bildleiste von Momentaufnahmen vor, ein mit Acryl gemaltes Tagebuch über zehn Jahre, endend im April 011. Er scheint zwar aus immer demselben Fenster seines oberbayerischen Hauses zu schauen, in Wirklichkeit sind es Innenansichten auf etwa A4-Format, chronologisch in Neunerblöcke geordnet. Prägend: Die Namen von Schriftstellern, Zitate aus Büchern und Zeitungen, in die noch feuchte Deckfarbe geritzt. Da schaue nur einer! Danke, Giebich, für so viel Einsicht!

Ausstellung bis 29. April, Mo. bis Fr. 16-18 Uhr, Sa. und So. 14-18 Uhr; Galerie Töplitz, An der Havel 68.

Gerold Paul

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