Potsdam-Mittelmark: Gift unter den Rieselfeldern
Nutzung oder Aufforstung der Kulturlandschaft wegen belastender Schadstoffe rechtlich kaum möglich
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Teltow - Die Kulturlandschaft der ehemaligen Rieselfelder will der Verein Regionalmarketing „Der Teltow“ wieder erlebbar machen. Bereits im Frühjahr wurde eine Wiederverrieselung für einige Areale von der Lokalen Agenda angeregt, nachdem es Bestrebungen gab, die alten Rieselfelder südlich von Ruhlsdorf als Gewerbeflächen zu nutzen.
Doch den Grüngürtel wollen nicht nur die Agendaakteure erhalten, auch viele Ruhlsdorfer sprachen sich in einer Einwohnerversammlung im Sommer gegen eine Ansiedlung von Gewerbe aus. Der Landschaftspflegeverein Mittelbrandenburg und der Verein Regionalmarketing luden daher in dieser Woche zu einer Gesprächsrunde ein, in der über die Zukunft der Rieselfeldlandschaft mit Vertretern des Landesumweltamtes, der Berliner Wasserbetriebe, der Berliner Stadtgüter, dem Landesamt für Geologie sowie Planungsexperten diskutiert wurde. Aus Sicht der beiden Vereine liegen die Flächen funktionslos brach, und auch das einst reichlich vorhandene Wasser fehle in der Landschaft, sagt Christine Dunkel vom Verein Regionalmarketing. Ihre Vision von einem attraktiven Erholungsraum, in dem wieder Wasser durch Gräben fließt, unterstützt auch Markus Mohn vom Landschaftspflegeverein. Allerdings ist ein solches Projekt vorerst nur im Modell auf einer kleinen Fläche möglich, so das Fazit der ersten Expertenrunde. So könnte Regenwasser in einem „verplombten“ Graben aufgefangen werden. Dagegen ist es vorerst noch nicht möglich, geklärtes Abwasser in die Rieselfelderlandschaft fließen zu lassen statt in den Teltowkanal. Langfristiges Ziel der Initiative sei es aber, das Wasser in der Landschaft zu behalten, um das Kleinklima zu fördern, meinte Christine Dunkel gegenüber den PNN.
Zwar sollen rieseldtypische Strukturen wie Dämme, Gräben und Gehölzstrukturen erhalten bleiben, auch Rad- und Wanderwege werden als sinnvoll angesehen. Aber aus rechtlichen und geologischen Gründen ist eine großflächige Wiedernutzung der Rieselfelder im Teltow Park zurzeit nicht möglich. Denn Rieselfelder gelten als Altlastenverdachtsflächen, da sich trotz Absetzbecken im letzten Jahrhundert viele Schadstoffe im Boden angereichert haben. So war Landwirtschaft auf diesen Flächen kaum noch möglich. Auch die Anpflanzung von vier Millionen Bäumen Mitte der 80er Jahre scheiterte an der Giftbelastung im Boden. Den hatte man nicht ausreichend untersucht und so konnte nur auf 40 Prozent der stillgelegten Fläche im Norden von Berlin erfolgreich aufgeforstet werden. Im Expertengespräch erfuhr Christine Dunkel, dass heute ein zusätzlicher Risikofaktor hinzukommen würde: Rückstände von Pharma-Wirkstoffen. Auch Sexualhormone aus Verhütungsmitteln wurden bereits in Abwässern nachgewiesen. Ein Milliardstel Gramm pro Liter ändert bereits das Hormonsystem von Fischen. Die Konzentration im Klärwerksschlamm lag tausendfach höher. Da in den letzten Jahren das Grundwasser stetig gesunken ist, könnte heute gereinigtes Klärwerkswasser helfen, das Problem zu lösen. Doch die Klärwerke leiten das Wasser über die Flüsse in Richtung Ostsee. K.Graulich
K.Graulich
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