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KulTOUR: Glaube, Liebe, Hoffnung

Werder (Havel) - Ödön von Horváths (1901-1938) „Glaube, Liebe, Hoffnung“ in der Comédie Soleil am Samstagabend. Ein sehr gut besuchter Tag eins nach der Premiere in der Werderaner Innenstadt.

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Werder (Havel) - Ödön von Horváths (1901-1938) „Glaube, Liebe, Hoffnung“ in der Comédie Soleil am Samstagabend. Ein sehr gut besuchter Tag eins nach der Premiere in der Werderaner Innenstadt. Das Team bot eine Textfassung für vier Darsteller, teils in Mehrfachbesetzung, was ohne einige Eingriffe ins Original wohl nicht zu bewerkstelligen war.

Obwohl die holzschnittartige Szenenfolge des Stückes in den 30er-Jahren geschrieben wurde, atmet sie noch ganz den Geist der guten alten Zeit, das mehr oder weniger stille Seufzen ob besserer Tage. Die sittlich-gesellschaftliche Norm hatte man damals in das republikanische Zeitalter herübergerettet, kein Wunder, die Staatsdienerschaft wurde ja nicht ausgetauscht. Genau hier beginnt die an Sturm-und-Drang-Dramen erinnernde Tragödie um Elisabeth und die Staatsmacht, vom Autor einst „kleiner Totentanz“ genannt.

Die junge Elisabeth wurde erwischt, als sie ohne Wandergewerbeschein Damenunterzeug verkaufen wollte, Schwarzarbeit also. Nun hat sie zwei Probleme: Einmal gilt sie als vorbestraft, andererseits muss sie für einen neuen Schein 150 Mark berappen. Völlig mittellos bietet sie der städtischen Pathologie ihren Körper posthum zu Forschungszwecken an. Durch ein Missverständnis glaubt der dortige Präparator, eine gute Partie machen zu können. Als sich die arbeitslos gewordene Elisabeth dann auch noch in einen Schutzposten verliebt, zieht sich, nach Horváths Willen, die Schlinge zusammen, denn ein Staatsbeamter hat sich mit einer Vorbestraften natürlich nicht einzulassen. Bar des Glaubens, der Liebe, der Hoffnung, ist die junge Frau wild entschlossen, ins Wasser zu gehen.

Klingt nach einem sozialen Rührstück von der Stange, darin es sich so richtig schön seufzen und anklagen lässt. Es kommt ja immer darauf an, wie man es macht. In der Comédie spielt man in einer Stadtkulisse, die aus weißen Holzrahmen (Bühne: Jens Uwe Behrend) gezimmert ist, sehr praktisch, sehr glaubhaft. Kraft ihres Charmes gibt Karoline Hugler in der Konfektion jener Zeit Elisabeth ein Gesicht aus Unschuld und Demut. Für eine Protagonistenrolle ist das manchmal zu wenig. Je größer die Differenz zwischen Hoffnung und Sturz, umso elementarer die Figur.

Eine sehr unglückliche macht Romeo Riemer als tierliebender Präparator mit seiner dick-weißen Schürze, er presst und pressiert, was das Zeug hält. Auch sein Chef bleibt weit hinter den Maßen seiner Figur, besser ist Gerhard Gutberlet als liebender, dann tief enttäuschter Polizist, der zwischen dem Beruf und der Liebe zu Elisabeth wählen muss. Als Arbeitgeberin Prantl und Polizistin gab es ein Wiedersehen mit Michaela Wrona.

Unübersehbar ist das Team (Regie: Karoline Hugler) um eine klare und überzeugende Spielweise bemüht. Manche Szenen gelangen, andere ließen im Hinblick auf das Paulinische Prinzip „Glaube, Liebe, Hoffnung“ eher zu wünschen übrig – nicht nur die finale, die wie ein Standbild endet. Das alles braucht mehr Schwung und Elastizität, mehr Tempo, und vor allem eine deutlichere Ausrichtung: Sozialdrama mit Seufzer-Effekt, oder doch eher ein Totentanz nach Art des Mittelalters? Versuche, ein wenig Humor hineinzubringen, gab es ja, trotz Rampensprechens und des untergelegten Trauermarsches von Chopin.

Manche Situation bleibt im Stück aber leider unterbelichtet, etwa bei den Präparatoren: Ist die toxische Wunde des einen nicht die berufliche Chance des anderen? So oder so, letztlich schwankt und pendelt jede der Horváthschen Figuren zwischen Glaube, Liebe und Hoffnung, auch wenn man’s nicht immer sieht. G. Paul

G. Paul

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