Potsdam-Mittelmark: Glücklich unterm Zuckerbaum
Auf einer Streuobstwiese bei Werder sollen kranke Kinder bald staunen, spielen und lachen können
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Werder (Havel) - Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Kinder-Garten geworden, die Streuobstwiese von Karin Wiserner. Direkt am Obstpanoramaweg auf der Glindower Platte ist ein Kinderparadies entstanden. Zwar weist noch ein kleiner Zettel am Gartengeräteschuppen auf „Karin´s Paradies“ hin, doch die Besitzerin rückt das sofort ins rechte Licht. „Hier verwirkliche ich zwar meinen Gartentraum, aber das Gelände soll vor allem Kindern zur Verfügung stehen, besonders Familien mit kranken Kindern, die hierher kommen können, um sich zu erholen“, erzählt die Immobilienmaklerin aus Berlin.
Deshalb hat sie Kontakt mit der Björn-Schulz-Stiftung aufgenommen. Diese betreibt unter anderem ein Kinderhospiz in Berlin-Pankow und kümmert sich auch um die Familien der todkranken Kinder und deren Geschwister, bildet Familienbegleiter aus. Eine solche Ausbildung absolviert jetzt auch die 49-jährige Mutter einer erwachsenen Tochter. Als sie vor einem Jahr auf der Streuobstwiese Hochzeit feierte, haben die Gäste statt Geschenke mitzubringen fleißig gespendet. „Davon haben wir jetzt ein rollstuhlgerechtes Fahrzeug gekauft, wir nennen es den Kinderwagen“, erzählt Karin Wiserner.
Die Obstbäume auf der Streuobstwiese blühen noch nicht, es sind vor allem alte Apfelsorten und Pflaumen, mehrere uralte Walnussbäume überragen die anderen Gehölze. „Ein Walnussbaum war als Einziges zu sehen, als wir das völlig verwucherte Areal zum ersten Mal besichtigten und uns für den Kauf entschieden haben“, erzählt sie.
Sie habe sich sofort an ihre Kindheit in Siebenbürgen erinnert. Dort ist sie in der Nähe von Herrmannstadt aufgewachsen – im Garten der Großmutter stand ein Apfelbaum. „Wir nannten ihn Zuckerbaum, seine Zweige reichten bis zur Erde, man konnte sich wunderbar darunter verstecken“, erinnert sich Karin Wiserner an die glückliche Kindheit in Omas Garten.
Seitdem habe sie eine „leidenschaftliche Beziehung zu Bäumen“, und dieses Gefühl will sie nun weitergeben. Auch weil sie vor fünf Jahren selbst einen schweren Unfall erlitt und viel Unterstützung bekam. Auf der Streuobstwiese sollen die Kinder Obst pflücken, lachen und glücklich sein können. Deshalb möchte sie auf dem 4500 Quadratmeter großen Areal auch einen Rollberg anlegen, von dem die Kinder einfach herunterrollen können. Ein Sonnenblumenlabyrinth und ein Pflanzenzimmer kann sie sich ebenfalls vorstellen.
„Dafür braucht man Unterstützer, wir haben schon einige Spendenzusagen, deshalb wollen wir jetzt einen Verein gründen", erläutert Wiserner die Pläne. Er soll „Zuckerbaum“ heißen, in Erinnerung an ihre eigene Kindheit. Bisher hat sie mit ihrem Mann alles privat finanziert. Zum diesjährigen Werderaner Baumblütenfest stellt sie das Projekt zum ersten Mal der Öffentlichkeit vor. Eine Bushaltestelle ist vor dem Tor eingerichtet worden. „Am kommenden Wochenende laden wir alle Interessenten ein, vorbeizuschauen." Es wird ein Kinderprogramm der Björn-Schulz-Stiftung geben, Obstweine aus der Region und von Freunden gebackener Kuchen werden angeboten. Der gesamte Reinerlös komme der Stiftung zu.
Zur Erntezeit dürfte es besonders lebhaft auf der Streuobstwiese zugehen. Reichlich Walnüsse fallen von den Bäumen hinab, zusätzlich zu dem bereits vorhanden Obstbaumbestand wurden Quitten, Kirschen und Mirabellen gepflanzt. „Wir verschenken viel Obst und Nüsse, anderes wird verwertet, auch hier geht der Erlös an die Stiftung.“ Und so hofft Karin Wiserner, dass am nächsten Wochenende auch ihre Obstbäume in voller Blüte stehen und viele Kinder über die Wiese toben.
Andreas Koska
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