Aus dem GERICHTSSAAL: Gräber mehrfach geschändet

Aus dem GERICHTSSAALNazi-Schmierereien in Teltow und Stahnsdorf Teltow/Potsdam - „Auschwitz ist eine Lüge“ und „Der Jude ist unser größter Feind“: Kann man solche Sätze von einem rechtsradikalen Hintergrund freisprechen? Das Potsdamer Amtsgericht hält das offenbar für möglich. Verhandelt wurde dort gestern der Fall von Mike M.* und dessen früherer Freundin Sandra S.* Beide waren zwischen Juli 2003 und Januar 2004 auf Friedhöfen in Stahnsdorf und Teltow unterwegs und hinterließen dort Zettel mit den zitierten Aufschriften. Zudem besprühten sie Grab- und Denkmäler mit Hakenkreuzen und den Initialen von Adolf Hitler. Mike M. (25) blieb seiner gestrigen Verhandlung vor dem Amtsgericht wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie Volksverhetzung ohne Angabe von Gründen fern. Sandra S. hat sich schon vor einiger Zeit das Leben genommen. Der chemisch-technische Assistent wurde in Abwesenheit verurteilt. Er erhielt einen Strafbefehl über 120 Tagessätze zu je 20 Euro. Diese Sanktion wird ins polizeiliche Führungszeugnis eingetragen, da sie über der Grenze von 90 Tagessätzen liegt. Hintergrund der Taten sei aber keine verfestigte rechtsradikale Gesinnung des Duos – wie man auf den ersten Blick vermuten könnte –, hieß es in der Urteilsbegründung. Sandra S. und Mike M. pflegten den Satanskult, hielten sich schwarz gekleidet zu mitternächtlicher Stunde mit Gleichgesinnten auf Friedhöfen auf, um hier ihre Rituale zu zelebrieren, so Amtsrichter Francois Eckardt. Die Schmierereien seien eher untypisch für diese Gruppe. Mike M. kann gegen den Strafbefehl Einspruch einlegen. Dann würde es eine erneute Hauptverhandlung geben. Bedenkt man aber, dass der Gesetzgeber allein für den Straftatbestand der Volksverhetzung eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten vorsieht, die – wie im konkreten Fall geschehen – in eine Geldstrafe umgewandelt werden kann, kam er noch einmal mit einem blauen Auge davon. (*Namen geändert)Hoga