Aus dem GERICHTSSAAL: Grabsteine mit Hakenkreuzen besprüht
Rechtsextreme Mitangeklagte freiwillig aus dem Leben geschieden / Freispruch für Satanisten
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Stahnsdorf/Teltow – Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft wiegt schwer. Sebastian S.* und Constanze C.* sollen im Juli 2003 diverse Grabsteine auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof mit großen schwarzen Hakenkreuzen, SS-Runen, den Initialen A.H. sowie Hitlers Geburts- und Sterbedatum besprüht haben. In der Nacht vom 4. zum 5. Januar 2004 soll das Paar auf dem evangelischen Friedhof in Teltow über 100 handgeschriebene Zettel mit Parolen wie „Auschwitz ist eine Lüge“, „Der Jude ist unser größter Feind“ und „Ausländer raus“ ausgelegt haben.
Constanze C. (36) schied im vorigen Jahr freiwillig aus dem Leben, getrieben von Todessehnsucht und einer diffusen Verehrung des Dritten Reiches. So saß Sebastian S. (25) gestern alleine wegen gemeinsamen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie Störung der Totenruhe auf der Anklagebank. Der Chemiestudent nahm im Ermittlungsverfahren alle Schuld auf sich, um die vielfach Vorbestrafte zu schützen. Jetzt packte der bekennende Satanist allerdings aus.
„Wir waren in der Nacht auf dem Friedhof, weil das ein schöner Ort ist. Constanze hat gesprüht. Sie war sauer, dass das Grab ihres Vogels auf dem Südwestkirchhof zerstört wurde. Außerdem hatte ihr die Friedhofsverwaltung mitgeteilt, dass sie nicht auf der Stelle beerdigt werden könne, die sie sich ausgesucht hatte“, berichtete der Schwarzgekleidete mit den dunkel lackierten Fingernägeln. Er selbst – so Sebastian S. – sei durch Alkohol und Tabletten dermaßen benebelt gewesen, dass er sich „keinen Kopf“ um das Treiben der Frau gemacht habe. „Mit den Zetteln habe ich auch nichts zu tun“, beteuerte der Satansanhänger. „Hätte ich sie verfasst, wäre die Orthographie besser gewesen.“ Tatsächlich entdeckte die Polizei bei einer Hausdurchsuchung bei Sebastian S. kein belastendes Material. In der Wohnung von Constanze C. fand sie allerdings Spraydosen mit schwarzer Farbe und Reste der volksverhetzenden Flugblätter.
Der Staatsanwalt hegte keinerlei Zweifel, dass die Schmierereien auf den Grabsteinen, deren Beseitigung 4000 Euro kostete, „auf Grund eines gemeinsamen Tatentschlusses“ erfolgten. „Es konnte nicht geklärt werden, wer von beiden welchen Anteil hatte. Für eine Verurteilung des Angeklagten reicht allerdings schon aus, dass er Constanze C. durch seine bloße Anwesenheit in ihrem Tun unterstützte.“ Dafür solle Sebastian S. eine Geldstrafe von 1500 Euro zahlen. Hingegen sei ihm der Vorwurf des Zettelverteilens nicht nachzuweisen. Der von Amtsrichter Francois Eckardt verkündete Freispruch kam dann doch überraschend. Begründung: Dem Satansjünger sei durch den Alkohol- und Pillenmix total egal gewesen, was seine Begleiterin tat. (*Namen geändert.) Hoga
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