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14. "Rock in Caputh"-Festival: Gummistiefel, Laserpower und Erbsensuppe
Am vergangenen Wochenende fand das 14. "Rock in Caputh" statt: ein feuchtfröhliches Festival mit lauter Musik, tollen Menschen - und dem obligatorischen Regen.
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So war das diesjährige Rock in Caputh: eigentlich wie jedes Jahr, ein Festival der Zuverlässigkeiten. Es gab wild tanzende Menschen, die üblichen Hartgesottenen, die die Zeltplätze bevölkerten, jede Menge guter Musik – und den obligatorischen Regen, der sich zu einem der Standpfeiler dieses Festivals gemausert hat, das die ganze Saison einläutet.
Aber die, die dem Festival seit Jahren die Treue halten, wissen natürlich, wie man sich auf das Brandenburger Maiwetter vorbereitet: Gummistiefel, Regenjacke, warme Wechselklamotten. Bereits der Freitag war im Schatten des mit dicken Wolken verhangenen Himmels – am Nachmittag musste sogar kurzzeitig abgebrochen werden, weil es wie aus Eimern schüttete und ein großes Zelt dem rauen Mai-Klima nicht mehr standhielt –, aber den mittelmärkischen Festival-Besucher schreckt das nicht ab. So war es die Band „Louis Laserpower“, die von der Rückkehr der Sonne profitierte: „Das ist der Soundtrack deines Lebens“, klang es von der Bühne, als die Sonnenstrahlen wieder ihren Weg nach Caputh fanden. Und während die Regenschirme und -jacken verstaut wurden, bereitete sich auch schon das Freitags-Highlight vor: „Das Pack“ aus Hamburg war Dadaismus pur. „Wir sind eine Band, die Wahrheiten tanzbar erscheinen lässt“, philosophierte Sänger Pensen – und sah mit seinem Überbiss-Dauergrinsendabei wie ein Rotzlöffel aus. Wer das Duo kennt, weiß um deren Zelebrieren des Sinnlosen, Texte über Pferdeäpfel und die Geilheit des Spontanen. Und ja: „Das Pack“ sind immer wieder geil.
Doch der Regen kam zurück. Während das Liedermacherduo „Ernstgemeint“ auf der kleinen Bühne hanneswaderte, blieb denen ohne Regenschirm nur die Flucht unter ein schützendes Dach – oder eine dampfende Erbsensuppe aus der Gulaschkanone von Steve Holzendorf und seinem Team von HoPa-Events. Das hatte es in seinem Holzkohlenebel trocken und warm – und etwas Besseres gegen kalten Regen als eine heiße Suppe gibt es sowieso nicht. Holzendorf ist zum ersten Mal als eigener Chef an der Gulaschkanone – wusste aber, was ihn erwartet: „Ich fahre jedes Jahr zum Rock in Caputh, ich bin Regen gewohnt“, sagt er grinsend. Unterdessen bringt die „Alex Mofa Gang“ seichten Pop, radiotaugliche Unterhaltung, die einen wirklich nicht zur Bühne lockt - vor der endgültigen Resignation vor dem Unwetter bewahrte jedoch der schneidige Auftritt der Band „The Toten Crackhuren im Kofferraum“: eine feministische Rotzattacke gegen alles Mackertum, das die Ladys in wummernde Beats packten. Gut gemacht!
So gemein der Freitag endete, so freundlich begann jedoch der Samstag. Während Radio Havanna mit gut gemachtem Punkrock, der fern von unkritischem Tralala war, gut anzuheizen wussten, zog es die Kinder auf die Hüpfburg vom Potsdamer Stadtjugendring. Kinder? „Da sind sogar schon Große gehüpft“, hieß es dort. „Aber die waren nach fünf Minuten k.o.“ Überhaupt kamen die Kids in Caputh nicht zu kurz: Am Nachmittag gab es bereits die traditionelle Playbackshow EMMA von der Caputher Grundschule – und der Gewinner durfte seine Show auf der großen Bühne wiederholen. Den Platz hatte sich der Grundschüler Albert mit seiner Interpretation des Peter-Fox-Hits „Alles neu“ redlich verdient – und wurde auch gebührend abgefeiert. Genauso wie „Hasenscheisse“, die danach die Bühne enterten. Immerhin sind sie eine Instanz des Festivals – und nutzten das auch, um aufzuzeigen, was im Potsdamer Kulturbetrieb alles schiefgeht: Schließlich wurden sie selbst aus ihrem Proberaum geworfen. „Hasenscheisse“ waren also sauer – nutzten diese Energie aber auch für eines der besten und aufmüpfigsten Konzerte in der Geschichte der Band. Die Potsdamer „Kulturlobby“ zeigte anschließend passend, wie man auch feiernd protestieren kann: mit kreativen Plakaten zum Selbermalen und den Liedermachern von „Heyohmann“, die zur Grüntee-Revolution aufriefen.
Zwischendurch wurde es wieder seicht auf der großen Bühne: „Bakkushan“ verdienen sich mit viel Hall, Keyboardklängen und romantisch-leidendem Gesang das Prädikat „nett“ – indem sie Rockmusik so lange weichspülten, bis sie schlageresk daherkam. Dass es andersrum viel besser ist, ließ sich direkt im Anschluss beobachten: „Stadtruhe“ war Musik jenseits von unverfänglichem Pop, die so viel Seele hatte, dass die Band selbst erstaunt über die Resonanz war. Aber bei so ehrlicher Musik, die um intelligente Texte gestrickt wird, kann sich die eine oder andere Band der großen Bühne noch eine dicke Scheibe abschneiden: „Stadtruhe“ war wohl die Band des Festivals, die das enormste Potenzial zum Erfolg hat.
Mittlerweile hatte sich der Regen aber lange genug zurückgehalten und beschloss, das Festival erneut zu besuchen, wenn auch weniger heftig als am Freitag. Und während es auf die Besucher tropfte, brachten die Berliner „Grossstadtgeflüster“ noch eine exzentrische Show, deren wummernde Beats bis in die Schlafzimmer der Caputher dringen mussten. Diese Verrücktheit passte wie angegossen zum Festival – und angegossen war somit auch die diesjährige Festivalsaison.
Oliver Dietrich
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