Potsdam-Mittelmark: Gurken aus dem Biomeiler
Wie die Gewächshauswirtschaft von Werder Frucht gerettet werden könnte
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Werder - Dass Fred Wahnsiedler zum Verfechter erneuerbarer Energien wird, hätte der Werder-Frucht-Geschäftsführer vor gut fünf Jahren selbst nicht geglaubt. Als damals – Hand in Hand mit vier Partnerfirmen – in Wollup, Eiche und Groß Kreutz riesige Gewächshausplantagen aus dem Boden schossen, entschied man sich, sie mit Erdgas zu beheizen. Inzwischen hält Wahnsiedler Biogasanlagen für den einzigen Weg, um dem Brandenburger Verbraucher auch in Zukunft ab März Gurken und Tomaten und von Mai bis November Erdbeeren von „Werder Frucht“ anbieten zu können.
Schon in den vergangenen Jahren musste scheibchenweise die Unter-Glas-Saison des größten Händlers von einheimischem Obst und Gemüse verkürzt werden, weil die Erdgaskosten nicht zu deckeln waren. Allein in der acht Hektar großen Anlage in Wollup sind die Heizkosten in vier Jahren von 200 000 auf 800 000 Euro gestiegen. Im vorigen Jahr gab es die einheimische Gewächshausgurken erst im April und Tomaten im Mai. Dann kam man mit dem Kapitaldienst nicht mehr hinterher.
Nach der Insolvenz der Gartenbau Wollup GmbH, der Gewächshauwirtschaft Letschin GmbH, der Gewächshauswirtschaft Eiche GmbH und der Gartenbau Werder GmbH wird sich die Saison weiter verkürzen. Jeder Tag, an dem nicht geheizt werden muss, spart Bares für die Gläubiger, wobei auch die 65 Beschäftigten in den Gewächshausplantagen bluten müssen – obwohl die Gehälter in all den Jahren unverändert nur 30 Prozent der Kosten ausmachten.
Auch die Miniatur-Saison kann nur übergangsweise funktionieren. Um die Anlagen wieder langfristig rentabel zu machen, sind indes erhebliche Investitionen erforderlich. Fünf Millionen Euro hatte man in die drei insgesamt 12 Hektar großen Gewächshausstandorte investiert, für drei Biogasanlagen wären rund 15 Millionen erforderlich. Statt 40 würden die Heizkosten dann nur noch 20 Prozent des Umsatzes ausmachen.
Völlig unwahrscheinlich ist es nicht, dass sich Geldgeber finden: Wahnsiedler könnte vom allgegenwärtigen Trend zu erneuerbaren Energien profitieren: Bei der Stromerzeugung in mit Maissilage und Gülle getankten Biomeilern entsteht Abwärme. Wird sie genutzt, bekommen die Energieerzeuger zu den 17 Cent weitere 2 „Ökocent“ pro Kilowattstunde Strom dazu – und können zudem die Wärme in Rechnung stellen.
Deshalb sind Standorte, wie sie Wahnsiedler jetzt in den Ring wirft, durchaus gefragt. Bei der Edis Natur bestehe Interesse an einer Zusammenarbeit, und auch bei Landwirten, sagt Wahnsiedler. Für Eiche und Wollup seien vielversprechende Kontakte geknüpft worden, auch für Groß Kreutz zeigt sich der Werder-Frucht-Chef zuversichtlich.
Allerdings könnte auch dieser Weg mit Schrammen für sein Unternehmen verbunden sein. Denn fest steht, dass die Gewächshausanlagen über kurz oder lang verkauft werden müssen, um die ILB als Hauptgläubiger halbwegs zu befriedigen. Nicht nur Holländer oder Spanier, auch Erzeugergemeinschaften aus anderen Bundesländern könnten Appetit auf diesen Kuchen bekommen.
Etwa 30 Obst- und Gartenbauer vermarkten ihre Produkte als Kommanditisten der Erzeugergemeinschaft OGZ mit Werder Frucht. Die Gewächhausplantagen lieferten 20 Prozent vom Umsatz des Vermarkters – ihr Verlust wäre ein empfindlicher Schlag.
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