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Werder Frucht ist stillfreundliches Unternehmen: Gut fürs Baby und fürs Business
Der Landeshebammenverband zeichnet die Firma Werder Frucht und die Universität Potsdam als stillfreundliche Unternehmen aus.
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Groß Kreutz - Stillen ist ein inniger Moment für Mutter und Kind. Zudem stecken in der Muttermilch alle Nährstoffe, die ein Kind braucht. Es gibt viele gute Gründe, Kinder bis zum zweiten Lebensjahr mit Muttermilch zu ernähren, wie es die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt. Dafür wirbt auch der Deutsche Hebammenverband, der in diesem Jahr mit dem Motto „Stillen und Beruf – gemeinsam geht’s“ an Unternehmen appelliert, familienfreundliche Arbeitszeiten anzubieten, weil damit auch stillende Frauen ermuntert würden, früher an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Im Vorfeld der Weltstillwoche (28. September bis 4.Oktober) besuchte der brandenburgische Verband verschiedene Unternehmen und Einrichtungen in der Region, darunter die Firma Werder Frucht in Groß Kreutz und die Universität Potsdam, die als stillfreundliche Unternehmen zertifiziert wurden.
„Diese Firmen stärken berufstätigen Müttern den Rücken, indem sie ihnen das Stillen während der Arbeitszeit ermöglichen und die Voraussetzungen dafür schaffen“, erklärt Hebamme Ulrike Zimmek. So können die Mütter dort in einem abgeschlossenen Raum alle drei bis vier Stunden Milch abpumpen und diese dann im Kühlschrank aufbewahren. Auch ist es möglich, sich das Kind von einer Betreuungsperson bringen zu lassen, um es zu stillen oder dafür kurz nach Hause zu gehen. „Diese Unterstützung fördert den Stillerfolg, weil sie gleichzeitig vermittelt, dass Muttermilchernährung wertgeschätzt wird“, sagt Ulrike Zimmeck.
Obwohl Stillzeiten bereits im Mutterschutzgesetz festgeschrieben sind, profitieren nicht nur Mutter und Kind von einer stillfreundlichen Atmosphäre des Unternehmens, sondern auch die Chefs. Denn es gibt weniger Fehltage, wenn Babys gestillt wurden und auch die Motivation der Mütter ist höher, wenn Stillen am Arbeitsplatz unterstützt wird. Eine frühe Rückkehr der Mütter erspare Arbeitgebern zudem, neue Mitarbeiter einarbeiten zu müssen.
Dass das gut funktionieren kann, beweisen bereits die Potsdamer Universität und die Fachhochschule, auf deren Campus es neben Wickelräumen auch Eltern-Kind-Räume gibt, die individuell zum Stillen, Füttern, Ruhen, Spielen und Arbeiten genutzt werden können. Auch Spielgruppen für Säuglinge und Kleinkinder werden dort angeboten. Zudem stört sich niemand daran, wenn junge Mütter in der Mensa ihr Baby stillen.
Doch das ist noch nicht überall so, wie Martina Schulze, Vorsitzende des brandenburgischen Hebammenverbandes weiß. Sie beobachtete, dass es zwar in Babelsberg offensichtlich akzeptiert werde, wenn Mütter in der Öffentlichkeit stillen, denn dort würden vor allem junge Familien mit Kindern leben. „Viele gehen an der stillenden Mutter vorbei und haben dann ein Lächeln im Gesicht“, sagt die Hebamme. Anders sei das dagegen in Potsdam und in Berliner Randbezirken. Da errege das Stillen eines hungrigen Säuglings sogar manchmal Unmut.
Das ist schon erstaunlich, denn die nackte weibliche Brust ist auch oft auf Plakaten präsent und Stillen auf Parkbänken nicht verboten. Doch im Gegensatz zu Großbritanien gibt es in Deutschland noch kein Gesetz zum Schutz des Stillens in der Öffentlichkeit. Die gesellschaftliche Aufwertung des Stillens ist daher auch eine Forderung des Hebammenverbandes anlässlich der Weltstillwoche. Stillfreundliche Orte, gekennzeichnet mit einem Signet, könnten helfen, so hofft der Verband zumindest, dem leicht rückläufigen Still-Trend entgegenzuwirken.
Zwar nehmen sich die meisten Frauen in der Schwangerschaft vor, zu stillen, doch manchmal sind gerade die ersten Tage nach der Geburt für Mütter schwer, die Schmerzen in der Brust haben und dann zu schnell zur Abstill-Pille greifen. Hebamme Martina Schulze kennt solche Probleme und weiß auch, dass die Mütter es schon kurz danach bereuen. In einem Falle hatte sie der jungen Mutter noch helfen können, dass die Milchproduktion doch wieder in Gang kam. Schulze betont, dass die gesellschaftlichen Bedingungen für Mütter und Babys eine große Rolle spielen, damit beide das Stillen als angenehm und entspannt empfinden können. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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